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Archivmagazin 14/2024
1906 schloss Rudolf Steiner mit Theodor Reuß, einem Vertreter der Hochgradfreimaurerei, einen Vertrag, der ihm formell die Durchführung maurerischer Rituale gestattete. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs vollzog Steiner entsprechende kultische Handlungen. Das Archivmagazin Nr. 14 publiziert im Rudolf Steiner Archiv vorhandene Dokumente zu der masonischen Tätigkeit Rudolf Steiners und untersucht das zunehmend ambivalente Verhältnis Steiners zur Freimauerei, so seine im Verlauf des Ersten Weltkriegs immer deutlichere Kritik und seine Unterstützung von Karl Heises Publikation «Entente-Freimaurerei und Weltkrieg» (1919). In einem Beitrag über die Zeitgeschichtlichen Betrachtungen (1916/17) beleuchtet Markus Osterrieder Steiners kritische Einschätzung des Einflusses gewisser freimaurerischer Kreise auf den Ersten Weltkrieg. Ergänzt wird dieser umfangreiche Schwerpunkt durch eine biografisch fundierte Studie, in der sich der Historiker Volker Frielingsdorf mit Rudolf Steiners Beziehung zu Generalstabschef Helmuth von Moltke d. J. auseinandersetzt. Abgedruckt ist ferner ein bisher unbeachteter zeitgenössischer Teilnehmerbericht über drei Versammlungen vom Oktober 1912, auf denen die Gründung des «Bundes» (der Keimzelle der Anthroposophischen Gesellschaft) diskutiert wurde. Er erschien erstmals im Dezember 1912 in der von Annie Besant herausgegebenen Zeitschrift The Theosophist, etwa zeitgleich mit der offiziellen Aufnahme der ersten Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft.
Rudolf Steiner wurde am 27. Februar 1861 in Kraljevec (Königreich Ungarn, heute Kroatien), geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule Wien und promovierte an der Universität Rostock mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit, die mit dem Satz endet: 'Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, freie Persönlichkeit zu begreifen.' Diese Überzeugung leitete ihn auch in seiner Tätigkeit als Goethe-Herausgeber in Weimar, als Schriftsteller, als Redakteur und Vortragsredner in Berlin, später in Dornach und an vielen anderen Orten Europas. Seine durch Bewusstseinsforschung erweiterte Sichtweise, die er 'Anthroposophie' (Weisheit vom Menschen) nannte, ermöglichte es ihm, auf zahlreichen Lebensgebieten praktische und tiefreichende Impulse zu geben, stets mit dem Ziel einer spirituellen Erneuerung der Zivilisation. Nach der Trennung von der Theosophischen Gesellschaft, deren Deutscher Sektion er zunächst als Generalsekretär vorstand, wirkte bei der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft mit. Im Goetheanum in Dornach bei Basel bekam die Gesellschaft ihr Zentrum 'Freie Hochschule für Geisteswissenschaft'. Als der Doppelkuppelbau aus Holz durch Brandstiftung zerstört wurde, stellte sich Rudolf Steiner an die Spitze der neu begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Rudolf Steiner starb am 30. März 1925. Sein Werk umfasst neben zahlreichen geschriebenen Büchern Nachschriften von rund 6000 Vorträgen und ist in der 'Rudolf Steiner Gesamtausgabe' zum großen Teil ediert.