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Ein Weg, Teilhabe und Integration für Menschen mit Behinderungen im Netzwerk normaler Alltagsbezüge zu fördern, ist das »Betreute Leben in Familien«. Genutzt wird das bürgerschaftliche Engagement und die Integrationsfähigkeiten von Familien, um Menschen mit intensiver Unterstützungsbedürftigkeit gegen Aufwandsentschädigung und Betreuungsgeld ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Das Handbuch bietet praktische Arbeitshilfen und Lernmodelle für den Aufbau dieses aus der traditionellen Psychiatrischen Familienpflege hervorgegangenen Betreuungsbausteins.
Erfolge und Misserfolge bei der Implementierung des Konzeptes werden zu einem komplexen Bild von Möglichkeiten und Grenzen dieses besonderen Versorgungsnetzwerkes zusammengefügt, das im Unterschied zu Formen des betreuten Wohnens von Laien erbracht wird. Gefordert ist weder die Anleitung der Familie nach dem Ko-Therapeuten-Modell noch das von Fachkräften aus der Arbeit in Institutionen gewohnte, stellvertretende Expertenhandeln. Es gilt die sehr persönlichen, nicht selten ungewöhnlichen Fähigkeiten und Ressourcen von Familienmilieus zu akzeptieren und zu stärken. Denn gerade diese schaffen beschützende Lebensnischen oder bahnen unerwartete Entwicklungen bei den Gastbewohnern.
Dem Handbuch liegen Erfahrungen aus Betreuungs- und Familiensituationen im Brandenburger Landkreis Dahme-Spreewald zugrunde. Dynamik und Verlauf realer Problemsituationen beim Aufbau des »Betreuten Lebens in Familien« werden an Hand der dargestellten Fehler, blinden Flecken, Verführungen und Fallen diskutiert. Der Vergleich der eigenen Praxis mit der im Handbuch reflektierten Fallarbeit sensibilisiert für die sozialen und seelischen Konfliktentwicklungen in schwierigen Familienkonstellationen mit oft schwer zugänglichen Bewohnern. Die Texte sind in praktischen Entwicklungsphasen dargestellt, die als Folien für ein Modelllernen genutzt werden können. Der individuelle Hilfe- und Betreuungsbedarf fällt sehr unterschiedlich aus und wird anhand von typischen Szenarien aus der Alltagspraxis vorgestellt:
Hilfeplangespräch
erste Kontaktaufnahme
Kennenlernen und Beziehung knüpfen
gemeinsame Sprache finden
Probewohnen
Einzug
Verwöhnen und Gewöhnen
Grenzen testen und Grenzen setzen
Alltagsanpassung (z. B. Sauberkeit, Kleidung, Hygiene, Rauchen)
Beschäftigung
selbstdestruktive, aggressive und psychotische Krisen.
Das Handbuch lädt zur Biographiearbeit mit Bewohnern ein. Aus Krankheits- und Behinderungsgeschichte wird Lebensgeschichte und lebensgeschichtlicher Sinn entziffert. Es geht um Standards für die personenzentrierte Begleitung, um Kriterien für die Auswahl von Familien und Bewohnern und um Wege, wie der häufig misstrauisch beäugte Baustein im Verbund mit den übrigen Betreuungseinheiten gefestigt werden kann. Auch werden Vor- und Nachteile unterschiedlicher Praxismodelle - freie Trägerschaft oder institutionelle Verankerung - anhand der Bedürfnisse von Nutzern und Leistungserbringern abgewogen.
Christine Schönberger, Jahrgang 1956, Diplompsychologin, arbeitet zzt. im DFG Projekt 'Familiale Tradierung von Gesundheitsvorstellungen' am Institut für Rehabilitationswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. Arbeitsschwerpunkte: Gesundheits- und Versorgungsforschung im Bereich chronische Krankheit, Altenpflege und Angehörige von chronisch kranken und pflegebedürftigen Menschen.
Peter Stolz, Prof. Dr., Jahrgang 1944, Psychiater, Psychoanalytiker, Hochschullehrer am Fachbereich Sozialwesen der FH-Potsdam. Arbeitsschwerpunkt: Psycho- und Soziogenese von Krankheiten, Gesundheitsförderung. Er baute das Praxisprojekt "Betreuung chronisch psychisch kranker Menschen in Gastfamilien - Psychiatrische Familienpflege im Land Brandenburg" auf.