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Es gibt unzählige Berichte zu Mikroorganismen und ihren besonderen Fähigkeiten. Die Wirkungsgeschichte des Mutterkornpilzes ist vielleicht die ungewöhnlichste unter ihnen. In einem weitgespannten Bogen, der von den frühen medizinischen Schriften Mesopotamiens, Griechenlands und Chinas bis zu den industriellen und akademischen Laboren der pharmazeutischen Forschung des 21. Jahrhunderts reicht, wird die einzigartige Geschichte dieser pflanzenpathogenen Mikrobe erzählt, die mit ihrer Infektion von Gräsern ihren Anfang nahm...
Der Mutterkornpilz befällt bei den Kulturgräsern vor allem den Roggen, in dessen Ähren die Überdauerungsform des Mikroorganismus, das schwarz-violette Mutterkorn, herauswächst. Die darin enthaltenen hochaktiven Substanzen lösten über 1000 Jahre hinweg Massenintoxikationen in Europa aus, in deren Verlauf die betroffenen Menschen unter entsetzlichen Krankheitssymptomen litten. Erst im 17. Jhd. erkannten Ärzte im Mutterkorn das Corpus Delicti für die regelmäßig wiederkehrenden Intoxikationswellen. Die Entwicklung von Medikamenten aus den reinen Mutterkornverbindungen gehört zu den faszinierenden Beiträgen der pharmazeutischen Naturstoff- und Medizinalchemie und war für die Modernisierung der Medizin von großer Bedeutung. Von diesen Forschungsprojekten lässt sich eine gerade Linie zur Synthese des LSD ziehen, dessen zufällig beobachtete psychogene Wirkung die chemischen Grundlagen der Psyche aufdeckte. Im Zusammenspiel mit weiteren zentral aktiven Wirkstoffen eröffneten die LSD-Arbeiten das therapeutische Forschungsgebiet der Psychopharmakologie.
Der Mutterkornpilz steht für legendäre Fortschritte in den pharmazeutischen Wissenschaften und der Humantherapie. Gleichzeitig wurden die Menschen, die sich aus den unterschiedlichsten Motivationen heraus mit diesem einzigartigen Mikroorganismus wissenschaftlich auseinandersetzten, Teil seiner Kulturgeschichte. Sie hielten durch die Jahrhunderte hindurch ein Räderwerk in Gang, dessen innovative Kraft bis heute wirksam ist.
Der Autor
Frank Petersen studierte Biologie in Stuttgart-Hohenheim und Tübingen und ist langjähriger Leiter der Naturstoffforschung des Pharmaunternehmens Novartis AG in Basel. Der international renommierte Wissenschaftler konzentriert sich in der Arzneimittelforschung auf die Entdeckung, Genetik und Herstellung neuartiger Wirkstoffe aus Pilzen, Bakterien und Pflanzen als mögliche neue Therapeutika.
Frank Petersen studierte Biologie in Stuttgart-Hohenheim und Tübingen und ist langjähriger Leiter der Naturstoffforschung des Pharmaunternehmens Novartis AG in Basel. Der international renommierte Wissenschaftler konzentriert sich in der Arzneimittelforschung auf die Entdeckung, Genetik und Herstellung neuartiger Wirkstoffe aus Pilzen, Bakterien und Pflanzen als mögliche neue Therapeutika. Im Rahmen der Umsetzung der "Biodiversitätskonvention" beriet er unter anderem Arbeitskreise bei der Europäischen Union, dem Schweizer Parlament, der Welthandelsorganisation oder Vereinten Nationen. Einladungen zu Gastprofessuren führten ihn nach Seoul, Korea, und Shanghai, China. Für seine Forschungsbeiträge auf dem Gebiet der mikrobiellen Naturstoffe wurde er mit dem "Senior Industrial Science Award 2020" der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft ausgezeichnet. Er ist Mitglied des Fachrats von "Schweizer Jugend forscht" und Vorsitzender des Beratergremiums des Novartis Pavillon Basel.