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Wenn Fotos der Selbsterforschung des Fotografen (und vielleicht einiger Betrachter) dienen, entspringen sie mit einiger Sicherheit einer Begegnung des Fotografen mit fotografierbarer Welt, die (zunächst) ihn anrührt, deren Bedeutung sich aber vielleicht nicht einmal ihm selbst sofort erschließt. Begegnung aber ist nie planbar; sie ist zufällig, schicksalhaft wie in der Liebe der "coup de foudre", weshalb es folgerichtig im Deutschen heißt: Den hat-s aber ganz schön erwischt!
Goethes Gedicht "Gefunden" lässt sich wie ein Haltungscode für den an Selbsterfahrung interessierten Fotografen lesen: Da geht einer im Wald so vor sich hin, will gar nichts suchen und kommt genau dadurch zu seinem "Blümchen", das er liebevoll ausgräbt und nach Hause trägt. Goethe schrieb das im Jahre 1813: da war es nicht mehr weit bis zur Erfindung der Fotografie.
Während aber einerseits das bewusste Suchen nach einer Begegnung kaum zum Erfolg führt, ist andererseits doch sicherlich die Empfänglichkeit für eine solche positiv beeinflussbar: durch eine Haltung der Sammlung, des Absehens von allem Zerstreuendem, der Konzentration auf das in jedem Moment Erscheinende.
Was ist von einem Foto überhaupt zu erwarten?
Ist es nicht so, dass wir oft fotografieren, um das, was wir zu kennen meinen, dieses -Bild-, das wir von etwas oder jemandem haben (vgl. M. Frisch), in einem Foto zu verewigen? Fotos dienen heute in der Mehrzahl nicht dazu, vorgefasste Bilder, Meinungen, Überzeugungen, Klischees etc. in Frage zu stellen, sie wieder rätselhaft zu machen, das, was diese Fotos zeigen, als erst noch zu Verstehendes - und insofern vielleicht sogar Beunruhigendes - vorzuführen. Wehe dem Fotografen, der das Bild, das sich der Betrachter von sich selbst - oder irgend etwas auf dieser Welt - macht, nicht trifft. Eine Art von horror vacui entsteht, ein Schwindel, Angst davor, sich mit etwas für bekannt, ja vertraut Gehaltenem neu auseinandersetzen zu müssen. Das Ideal so vieler Fotografierender und Fotografierter scheint die direkteste, umwegloseste Verbindung zwischen einem Foto und dem Klischee, das sie von dem Motiv in ihrem Kopf haben, zu sein.
Geboren in Berlin, aufgewachsen in ländlichen Umgebungen zwischen Weichsel und Rhein. Früh konfrontiert mit der Flüchtigkeit der Welt, aber immer auch schon liebevoll angeleitet, die Schönheit alles Vergänglichen dankbar wahrzunehmen.
Studium u.a. der Philosophie und Geschichte (Dr. phil.); verbliebener Gewinn dieses Bildungsweges: große Empfänglichkeit für philosophische Dichtungen zwischen Montaigne, Hegel und Camus.
Mehrjährige Arbeitsaufenthalte in Lyon, Nairobi und Mogadischu. Seit 1969 Dozent an der Universität Konstanz.
Später Zugang zur Fotografie. Wichtigste fotografische Leitbilder unter den Zeitgenossen (in alphabetischer Reihenfolge): Richard Avedon (Porträts), Raymond Depardon ("Errance"), Robert Frank, Helmut Newton ("Sex and Landscapes"), Josef Koudelka, Ryuji Miyamoto, Daido Moriyama, Hiroshi Sugimoto ("Seascapes"), Shomei Tomatsu.
Fotografiert bis jetzt (2009) ausschließlich schwarz-weiß in Analogtechnik; bevorzugt Mittelformate (6 x 6; 6 x 7) mit 50 mm Objektiven.