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Die Religionsgeschichte im Okzident besitzt - wie jede religiöse Tradition - ein spezifisches Profil, so die These dieses Buches: In der Spätantike entstand ein neues Konzept religiöser Zugehörigkeit, das Europa fundamental und bis heute prägt: Menschen konnten einer "Religion" nicht mehr nur durch Geburt, sondern auch aufgrund einer Entscheidung angehören. Das klingt banal, revolutionierte aber das Religionssystem. Dies dokumentieren Erfindungen des frühen Christentums: ein Ritus zum Eintritt ("Taufe"), religiöse Unterweisung ("Katechese"), Ausbreitung jenseits ethnischer Grenzen ("Universalismus") durch "Mission" und "Konversion". Diese Elemente führten zu einem neuen, demjenigen Verständnis von "Religion", welches heute den umgangssprachlichen und religionswissenschaftlichen Religionsbegriff prägt.
Der Eigensinn dieser Entwicklung im Okzident wird durch komparative Perspektiven sichtbar, etwa in der Frage, in welchem Sinn man im Buddhismus von einer "Mission" sprechen kann oder in welchem Ausmaß das Verständnis von "wahrer" und "falscher" Religion im Islam auf dessen Verknüpfung mit der Christentumsgeschichte zurückgeht.
Dem zentralen Kapitel über "Entscheidung" folgen vier Kapitel zu kulturellen Konsequenzen einer auf Entscheidung gegründeten Zugehörigkeit.
Zwei gegenwartsbezogene Konsequenzen im Bereich von Religionspolitik und Kultur werden exemplarisch genannt: Das Problem religiöser Pluralität, die damit verbundene Verfolgung aus religiösen Gründen und die dann entstandene Religionsfreiheit sind nicht ohne die Forderung nach einer Entscheidung in Religionsangelegenheiten zu verstehen. Und: Das neue Religionskonzept prägt aufgrund der europäischen Expansion heute das Verständnis von Religion in einer globalisierten Kultur.
Helmut Zander, Universität Freiburg
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