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»Am 17. Juni, Tag der Deutschen Einheit, wurde ich geboren und wuchs in einem rosa Haus neben einer Waschmaschinenfabrik auf. Ich blieb das einzige Kind. Am 2. Juni 1967 saß ich im Trikot des Kinderballetts vor der Tagesschau. Benno Ohnesorg war erschossen worden. Ich schlug meinem Vater aufs Knie: Papi, wenn ich groß bin, erschieß ich dich auch. 1977, als Baader, Ensslin und Raspe in Stammheim gerade noch lebten, schenkte mir meine Großmutter, Fließbandarbeiterin in einer Fabrik für Babybadewannen aus Plastik, zum Abitur 1.000 DM: Mach was draus, sagte sie und stellte ein Glas mit Kunsthonig auf das Sparbuch.1989 stand ich zum letzten Mal als Tänzerin auf der Bühne. Eine wichtige und schüchterne Verlegerin saß im Publikum und meinte: Sie könnten auch mal einen Roman schreiben, Judith. Am 17. Juni 2023 weiß ich noch keinen Titel für meinen neuen Roman. Aber ich weiß, ab jetzt habe ich noch zwanzig grandiose Sommer vor mir - oder?«
Mit einer sprachlichen Dichte, die berührt, erzählt Judith Kuckart entlang ihrer Biografie und beleuchtet damit eine ganze, ihre, Generation.
JUDITH KUCKART, 1959 in Schwelm (Westfalen) geboren, lebt als Schriftstellerin und Regisseurin in Berlin. Sie veröffentlichte bei DuMont den Roman -Lenas Liebe- (2002), der 2012 verfilmt wurde. Ihr Roman -Kaiserstraße- stand 2006 auf der Shortlist des Preises der Leipziger Buchmesse, ihr Roman -Wünsche- 2013 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Zuletzt erschien -Café der Unsichtbaren- (2022). Judith Kuckart wurde mit zahlreichen Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet.