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"Scham ist der große Stillmacher", schreibt Lea Schneider, und arbeitet in ihrem Essay gegen die SCHAM, mit der SCHAM, trotz der SCHAM an Sprech- und Sprachfähigkeiten im Gedicht. "Scham ist ansteckend", schreibt Lea Schneider, und nähert sich ihr an. Der SCHAM und der Ansteckung. "Scham ist ein Wissen, das dem Körper gehört", schreibt Lea Schneider, und sie macht den Körper verhandelbar. Lea Schneider befragt die Scham als ein Machtinstrument, das domestiziert und unterdrückt - aber auch als ein Potenzial, das Werkzeug oder Waffe sein kann. Sie erkundet die Kompliz*innen der Scham: Gender, Sexualität, vor allem aber die Konvention, sich anderen gegenüber niemals bedürftig zu zeigen. In Gedichten findet Lea Schneider etwas anderes: Die Möglichkeit, Scham umzuformulieren, in Offenheit, Interesse und Begegnung mit dem eigenen Begehren und dem der anderen. Scham zu bewohnen, sich radikal verletzbar zu machen, wird zu einem Modus der Kritik, des Vertrauens und Zutrauens. Ein Plädoyer, die SCHAM neu zu denken, SCHAM überhaupt zu denken.
Lea Schneider (*1989 in Köln) lebt nach längeren Aufenthalten in China und Taiwan als freie Autorin, Übersetzerin und Kritikerin in Berlin. Ihre literarische Arbeit bewegt sich zwischen Lyrik, Essay und Übersetzung, aber am liebsten vermischt sie alle drei Formen zu etwas Neuem. An der FU Berlin forscht sie zu Radikaler Verletzbarkeit als Schreibstrategie in der Gegenwartsliteratur. Für ihre Übersetzungen von chinesischer Gegenwartslyrik ins Deutsche wurde sie mit einem Stipendium des Deutschen Übersetzerfonds und dem Poetry East West Translation Award ausgezeichnet; für ihre eigenen Werke erhielt sie u.a. den Dresdner Lyrikpreis und den Kunstpreis Berlin. Zuletzt erschienen im Verlagshaus Berlin: "CHINABOX. Neue Lyrik aus der Volksrepublik" (2016) und "made in china" (2020).