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»In einer Familie gibt es keine Wahrheit, es gibt nur Geschichten.«
Wie ist es, wenn man keine Erinnerungen hat an den eigenen Vater? Und keine an das Land namens DDR, in dem man geboren wurde? Wenn man auf das Gedächtnis anderer angewiesen ist, um die eigene Geschichte zu verstehen?
Schon als Kind hatte Johanna eine Vorliebe für Landkarten, die die Welt überschaubar machten. Nach dem Abitur ist sie aus der Uckermark nach Berlin gezogen, wo sie zum Ärger ihrer Mutter eine Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin macht. Mit Reiner, ihrem Ausbilder, bewegt sie sich durch das wohlgeordnete Linien-netz der Großstadt und lacht über alte DDR-Witze, ohne sie zu verstehen. Mit Karl, dem elternlosen Weltenbummler, beginnt sie eine Affäre. Ihr Vater Jens hat die Familie kurz vor dem Mauerfall verlassen, da war Johanna zwei. Außer einer Postkarte an der Wand erinnert nichts an ihn. Doch dann ruft Jens an, und Johannas Lebenskonstrukt gerät ins Wanken. Plötzlich gibt es zahlreiche widersprüchliche Versionen seines Verschwindens. Ist er geflohen? Wurde er verhaftet? Hatte Johannas Mutter etwas damit zu tun oder gar Honeckers Krankengymnastin? Paula Fürstenberg erzählt zart, lakonisch und voller feinem Humor von einer berührenden Vatersuche, von blinden Flecken, biografischen Brüchen und von der Notwendigkeit, eine Geschichte zu haben, in der man sich einrichten kann.
Paula Fürstenberg, Jahrgang 1987, wuchs in Potsdam auf und studierte am Schweizerischen Literaturinstitut sowie an der Humboldt-Universität. Seit 2011 lebt sie in Berlin. Ihr Debütroman »Familie der geflügelten Tiger« erschien 2016. Sie ist Mitherausgeberin der Habitus-Bände und hat 2022 die Gesprächsreihe »Let's talk about class« co-kuratiert. Außerdem ist sie Teil des Autor*innenkollektivs »Literatur für das, was passiert« und Vorstandsmitglied des Kunsthaus Strodehne e.V. Für ihre Arbeit wurde Paula Fürstenberg mit zahlreichen Stipendien ausgezeichnet. »Weltalltage« ist ihr zweiter Roman.