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Mysteriendarstellungen als Bühnenkunst: die Anfänge
Edouard Schuré und Rudolf Steiner lernten sich 1906 in Paris kennen. Ihrer persönlichen Begegnung vorausgegangen war eine sieben Jahre lange Brieffreundschaft zwischen Marie von Sivers und Edouard Schuré, in deren Verlauf Schuré die ausgebildete Schauspielerin für die Theosophie zu interessieren wusste. Er war Autor des Buches «Die großen Eingeweihten» und hatte auch mehrere Einweihungsdramen verfasst, die Rudolf Steiner und Marie von Sivers sehr faszinierten. Drei dieser Dramen -«Das Heilige Drama von Eleusis», «Die Kinder des Lucifer» und «Die Seelenhüterin» - hat Marie von Sivers mit dem erklärten Willen, sie aufzuführen, ins Deutsche übersetzt, Rudolf Steiner brachte sie dann jeweils kurz vor der Aufführung in freie Rhythmen. Als erstes wurde «Das Heilige Drama von Eleusis» am 19. Mai 1907 während des Theosophischen Kongresses in München aufgeführt, es folgte zwei Jahre später «Die Kinder des Lucifer». Zu einer für 1910 geplanten Aufführung des dritten Dramas, «Die Seelenhüterin», kam es aus Zeitgründen nicht. Der Band enthält alle drei Bearbeitungen. «Das Heilige Drama von Eleusis» ist in seiner Bearbeitung durch Rudolf Steiner nicht nur in Verse gefasst, sondern auch erweitert worden: Er ergänzte es auf Basis von Schurés «Die grossen Eingeweihten» um Prolog und Epilog. Abgedruckt sind zudem die Vorreden Rudolf Steiners, die er zu deutschen Übersetzungen von Werken Schurés verfasste. Der Band dokumentiert den ersten Impuls Rudolf Steiners, Mysteriengeschehen auf der Bühne darzustellen.
Rudolf Steiner wurde am 27. Februar 1861 in Kraljevec (Königreich Ungarn, heute Kroatien), geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule Wien und promovierte an der Universität Rostock mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit, die mit dem Satz endet: 'Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, freie Persönlichkeit zu begreifen.' Diese Überzeugung leitete ihn auch in seiner Tätigkeit als Goethe-Herausgeber in Weimar, als Schriftsteller, als Redakteur und Vortragsredner in Berlin, später in Dornach und an vielen anderen Orten Europas. Seine durch Bewusstseinsforschung erweiterte Sichtweise, die er 'Anthroposophie' (Weisheit vom Menschen) nannte, ermöglichte es ihm, auf zahlreichen Lebensgebieten praktische und tiefreichende Impulse zu geben, stets mit dem Ziel einer spirituellen Erneuerung der Zivilisation. Nach der Trennung von der Theosophischen Gesellschaft, deren Deutscher Sektion er zunächst als Generalsekretär vorstand, wirkte bei der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft mit. Im Goetheanum in Dornach bei Basel bekam die Gesellschaft ihr Zentrum 'Freie Hochschule für Geisteswissenschaft'. Als der Doppelkuppelbau aus Holz durch Brandstiftung zerstört wurde, stellte sich Rudolf Steiner an die Spitze der neu begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Rudolf Steiner starb am 30. März 1925. Sein Werk umfasst neben zahlreichen geschriebenen Büchern Nachschriften von rund 6000 Vorträgen und ist in der 'Rudolf Steiner Gesamtausgabe' zum großen Teil ediert.