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'Eine kurze Verständnisfrage: Was macht der Heimatminister im Tiefen Brunnen?', fragte Wünnenberg. Er saß neben Saskia Baumann auf dem Rücksitz des Dienstwagens.
'Liesd edzerd du kaa Zeidung ned?', fragte die Kollegin.
'Doch. manchmal zumindest', antwortete Wünnenberg ausweichend.
'Der Tiefe Brunnen wird derzeit von irgendwelchen Wissenschaftlern erforscht', erklärte Martin Groß, der den BMW über das alte, unebene Kopfsteinpflaster der Burgstraße lenkte. 'Die holen das ganze Zeug raus, das während des Zweiten Weltkriegs hineingefallen ist.'
'Dann besteht also die Chance, dass der Minister ein siebzig Jahre altes Skelett gefunden hat?' Wünnenberg klang fast fröhlich.
'Mal den Teufel nicht an die Wand! Das wäre definitiv kein Grund zur Freude', murmelte Hackenholt vom Beifahrersitz.
'Warum nicht? Dann wären wir doch aus dem Schneider: Für einen derart alten Knochenhaufen sind wir nicht zuständig - das ist ein Fall für die Archäologen. Außerdem lässt sich wahrscheinlich nicht einmal die Todesursache feststellen. Der Mensch könnte also beispielsweise während eines Bombenangriffs gestorben und in den Brunnen gefallen sein.'
'Ich würde dir voll und ganz zustimmen, wenn Lieschen Müller die Leiche gefunden hätte. Es war aber nun mal unser Heimatminister - und damit haben wir es mit einem Politikum zu tun. Vor allem da er in seiner Funktion als Finanzminister Hausherr der Kaiserburg ist.'
Stefanie Mohr, Jahrgang 1972, liebt ihre Heimatstadt Nürnberg, in der sie (fast) jeden Winkel kennt. Sie gelangte über ein Jurastudium in Erlangen und die Arbeit in einer Kanzlei schließlich zu den Sprachwissenschaften. Heute lebt sie als freiberufliche Schriftstellerin und Fotodesignerin im Nürnberger Norden. Seit 2005 hat sie mehrere Romane veröffentlicht.