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Schreibe nicht nur über dich selbst, sondern erschaffe Charaktere und hole ihre Stimmen hervor! Vermeide Selbstmitleid! Lies die großen Dichter vergangener Zeiten! Verwandle menschliches Leben in Poesie! Schreibe Tragödien und Komödien in verdichteter Form! Vor allem aber: Strebe nicht nach Ruhm und veröffentliche nichts vor dem dreißigsten Lebensjahr!
Virginia Woolfs Brief an den jungen Dichter John Lehmann ist eine Gebrauchsanweisung für moderne Poesie. Als erfahrene
Prosaschriftstellerin, die sich vorgeblich über die Dichtkunst kein wirkliches Urteil erlauben mag, gibt sie dem scheinbar verzweifelten John feinfühligen, ironischen und sehr präzisen Rat. Dieser erschien erstmals 1932 als achter Band der »Hogarth Letters« in Woolfs eigenem Verlag. Der vorgebliche Adressat des Briefs, John Lehmann, war dort Geschäftsführer und hatte Virginia Woolf um einen Beitrag über moderne Lyrik gebeten. Aus der vermeintlichen Unterweisung des Dichterfreunds entwickelt Virginia Woolf eine beeindruckende Poetik.
Virginia Woolf lebte von 1882 bis 1941. Sie gehört neben Gertrude Stein zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen der Moderne und gilt als Ikone der Frauenbewegung. 1915 wurde ihr erster Roman
"Die Fahrt hinaus" veröffentlicht. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin arbeitete sie als Essayistin und Literaturkritikerin. Nachdem sie 1941 die Arbeit an ihrem letzten Roman "Zwischen den Akten"
abgeschlossen hatte, wählte sie am 28. März desselben Jahres den Freitod. Bei Steidl erschienen zuletzt ihr Essay "Beau Brummell", sowie Alexandra Harris' Biografie über Virginia Woolf.