Vorhang auf für die Buchbloggerin Sandra Falke und ihre Buchempfehlung von "Gestapelte Frauen" von Patrícia Melo:
Die Brasilianische Autorin Patrícia Melo wird des Öfteren als Krimi-Autorin eingeordnet – auch als solcher kann ihr neuester Roman „Gestapelte Frauen“ gelesen werden. Doch ist das Buch eher als gesellschaftskritischer Gegenwartsspiegel der gefährlichen Lebensumstände der Frauen in Brasilien zu beschreiben.
Die namenlose Protagonistin, eine Juristin aus São Paulo, reist nach Cruzeiro do Sul in Acre, um den Gerichtsprozessen bezüglich der brutalen Morde an jungen Mädchen beizuwohnen. Ihre Aufgabe besteht zwar grundsätzlich darin, Informationen zu sammeln und ihren Vorgesetzten Bericht zu erstatten. Erschreckende persönliche Bindungen zu den Femiziden bestehen – und entstehen: Ihr Vater hat ihre Mutter getötet, als sie ein kleines Mädchen war.
Und nun hat sich aus klaren Himmel auch die gewaltvolle Ader ihres jetzigen Freundes entpuppt – vor dem auch in Acre kein Entkommen möglich ist.
Melos furchtlose, direkte Art, auf heikle Themen, ungerechte Gegenwärtigkeiten, abscheuliche Taten und grässliche Situationen zuzusteuern und sie exakt der Sachlage entsprechend zu beschreiben, ist ebenso bewundernswert wie ihre Fähigkeit, die daran gebundenen Dichotomien mit stilistischer und semantischer Gründlichkeit auszuarbeiten.
Die künstlerische Beherrschung von Erzählwelten, die brutale Realitäten spiegeln; die stattliche sprachliche Finesse; die grundlegend heftige Intensität als Summe einzelner intrinsischer und extrinsischer Momente – nirgendwo kommt Melo zu kurz. Wer lateinamerikanische Literatur ebenso wie intensive Lektüren zu schätzen weiß, wird in „Gestapelte Frauen“ ein starkes
Erlebnis vorfinden.