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Ingeborg Bachmann gehört zu den Schöpfern des modernen Hörspiels als selbstständige literarische Form. »Der gute Gott von Manhattan«, das berühmteste Hörspiel, entstand 1957 und erhielt 1959 den Hörspielpreis der Kriegsblinden. »Eine Dichtung, die uns das Herz trifft und die Urteilskraft entzückt«, schrieb Werner Weber über dieses Gleichnis unserer Zeit, in dem vor Gericht das Schicksal zweier Liebender aufgerollt wird.
Ingeborg Bachmann wurde am 25. Juni 1926 als erstes von drei Kindern des Volksschullehrers Matthias Bachmann (1895-1973) und seiner Frau Olga (geb. Haas, 1901-1998) in Klagenfurt (Österreich) geboren. Ihre Mutter stammt aus dem an >Böhmen< und Ungarn grenzenden Niederösterreich, ihr Vater aus Obervellach bei Hermagor im Kärntner Gailtal, wo die Familie in Ingeborg Bachmanns Kindheit oft Ferien verbrachte. Dieser Kärntner Grenzraum im Dreiländereck Österreich-Italien-Slowenien repräsentiert für die Autorin später "ein Stück wenig realisiertes Österreich (...), eine Welt, in der viele Sprachen gesprochen werden und viele Grenzen verlaufen" (WIV, 302), und damit die Utopie eines gewaltfreien Miteinanders der Völker, die bereits der ebenfalls in Klagenfurt geborene Autor Robert Musil (1880-1942), Bachmanns wohl wichtigster Bezugspunkt in der literarischen Moderne Österreichs, mythisierend auf das Kaiserreich Österreich-Ungarn als Vielvölkerstaat projiziert hatte. Noch in dem Roman Malina steht dieses "Haus Österreich" als literarische Utopie für eine "geistige Formation", die kritisch gegen die Verkrustungen der österreichischen Nachkriegsgesellschaft und gegen die Verdrängung des österreichischen Anteils an der Katastrophe des Nationalsozialismus gewendet wird, um zugleich gegen die wachsende kulturelle Dominanz Westdeutschlands einen spezifisch österreichischen "Erfahrungsfundus, Empfindungsfundus" zu behaupten.
Rückblickend nach dem Erscheinen des Romans Malina (1971) hat die Autorin den "Einmarsch von Hitlers Truppen in Klagenfurt" (im Rahmen des >Anschlusses< Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März 1938) symbolisch zum biographischen Ausgangspunkt ihres Schreibens erklärt und als "einen zu frühen Schmerz" bezeichnet, mit dem ihre "Erinnerung" anfange. Mit dieser Pointierung unterstreicht sie die moralische Verpflichtung und zeitkritische Ausrichtung ihres literarischen Werks als ein "Schreiben gegen den Krieg" (Höller 2004), das seine "Problemkonstanten" in der Auseinandersetzung mit den Verflechtungen von >kleiner< und "großer GESCHICHTE" (TKA 1, 53), Individual- und Zeitgeschichte im Zeichen gesellschaftlicher Gewalt findet.
Bachmann beginnt schon als Schülerin in Klagenfurt zu schreiben, bis ihr nach ihrem ersten, in Innsbruck und Graz verbrachten Studienjahr (1945/46) mit der Erzählung Die Fähre schließlich die erste Veröffentlichung gelingt. Im September 1946 vollzieht sie den eigentlichen Aufbruch aus der Provinz, indem sie ihr Studium der Philosophie (mit den Nebenfächern Germanistik und Psychologie) in Wien fortsetzt, wo sie zugleich den Kontakt zur Wiener Literaturszene sucht. Aufgrund der offiziellen Anerkennung Österreichs durch die Alliierten als das >erste Opfer Hitler-Deutschlands< konnte das literarische Leben in Wien nach 1945 unmittelbarer als in Deutschland an die Vorkriegszeit anknüpfen, und so haben Repräsentanten der älteren Autorengeneration wie Heimito von Doderer (1896-1966) und jüdische Remigranten wie Hermann Hakel (1911-1987) und Hans Weigel (1908-1991) an Bachmanns literarischem Debüt in den Publikationsorganen der Wiener Nachkriegsliteratur wesentlichen Anteil. Das Jahr 1949 markiert mit Bachmanns Dissertation über Die kritische Aufnahme der Existentialphilosophie Martin Heideggers nicht nur den Abschluss des Studiums, sondern auch die Professionalisierung ihrer schriftstellerischen Arbeit durch die Veröffentlichung erster Gedichte in der Zeitschrift Lynkeus und einer Reihe von Erzählungen in der Wiener Tageszeitung.