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Von Marx bis Müller (Heiner) wurde die kommunistische Emanzipationserzählung als heroische Selbstbefreiung konzipiert; in der DDR galten die kulturrevolutionären Anstrengungen der Implementierung dieses Selbstbildes in einer neuen symbolischen Ordnung. Unter den Überresten des DDR-Sozialismus kommt dem Film eine besondere Bedeutung zu: Film fungierte als Medium der Macht; die DEFA-Filme sind nicht Registratur der Realität, sie sind Nachbildungen der Kernelemente des politischen Mythos des Marxismus. Die dem Medium eigene Ambivalenz von Verdeckungs- und Entdeckungsleistungen kann allerdings Auskunft geben über Erfolg wie auch Scheitern bei der Etablierung des mythomanichäischen Selbstbildes.
"Ich habe keine Zeit mehr" - mit diesem Satz aus dem Film "Die Architekten" wird der SED-Diktatur symbolisch der Todesstoß versetzt: In dieser Formel verdichtet sich die Einsicht in die Inkongruenz von "Lebenszeit und Weltzeit" (Blumenberg). Die Suspension der (schlechten) Gegenwart sollte als notwendige Durchgangsstufe auf dem Weg zur (besseren) Zukunft im Kommunismus gerechtfertigt erscheinen. Überfluss an Zeit als Korrelat des materiellen Mangels war Kennzeichen der politischen Ökonomie des DDR-Sozialismus; die Verschwendung von Lebenszeit war signifikanter Ausdruck des Herrschaftssystems. Der Konflikt des endlichen Lebens der Individuen und der von ihnen zu erfüllenden "historischen Mission" wird von den DEFA-Filmen aufgenommen; er ist nicht zu lösen, nur zu zeigen: Die Künstler, die sich beteiligt wähnen an seiner Reform, tragen damit schon Stein für Stein aus dem Haus des Sozialismus ab - und plötzlich zerbricht der Schein der Stabilität des Regimes und es fällt lautlos in sich zusammen in der demokratischen Revolution im Herbst 1989.
In der vorliegenden Studie wird dieser Prozess einer schleichenden Erosion einer der Grundpfeiler der SED-Diktatur an Spiel- und Dokumentarfilmen der DEFA kenntlich gemacht. Die Analysen der wichtigsten und prominentesten DEFA-Filme sind unterlegt mit ausführlichen Passagen aus den Drehbüchern; einigen sind - ein Novum - Sequenzprotokolle beigefügt. Zu den untersuchten Filmen zählen u.a. die "Thälmann"-Filme von K. Maetzig, "Der Weg nach oben" von A. Thorndike, "Der geteilte Himmel" von K. Wolf, "Spur der Steine" von F. Beyer, "Die Mamais" von J. Böttcher, "Jadup und Boel" von R. Simon, "Die Architekten" von P. Kahane.
Dr. Klaus Finke, Politikwissenschaftler, Arbeitsschwerpunkte: Politische Theorie; Politische Kultur; zahlreiche Publikationen zum Gegenstand.