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Meisterhaft und mit großer Dringlichkeit erzählt Natascha Wodin vom Fremdsein im eigenen Leben und schenkt ihren Figuren eine Heimat in der Literatur.
«Hat sie Muscheln am Strand gesammelt, den schreienden Möwen nachgeschaut und im Sand gelegen?» In der Titelgeschichte von Natascha Wodins neuem Buch zieht die Erzählerin eine Spur von Mariupol am Asowschen Meer, an dem ihre Mutter aufwuchs, bis hin zur Regnitz in Franken, dem Fluss, in dem diese sich das Leben nahm. In einer anderen Geschichte beobachtet sie ihre Nachbarin, die in ihrem baufälligen Haus buchstäblich verfault, und andernorts, auf Sri Lanka, begegnet sie extremem sozialen Elend und einer bedrohlichen, alles verschlingenden Natur. Zurück in Deutschland, geht es um das Schicksal eines Unbekannten, der als psychisch kranker Patient entmündigt in einer Klinik im Fichtelgebirge lebt. Dorthin, «in die dunkelsten deutschen Wälder», schickt die Erzählerin ihm eine Nachricht, und es entwickelt sich eine Brieffreundschaft, dann eine Liebe, deren Anker die verbindende, rettende Kraft der Musik ist.
Natascha Wodin führt uns auf die Nachtseite des Lebens, zu den Außenseitern, den Einsamen, den Verwundeten. «Ihr Schreiben ist ein Joint Venture aus gewaltigem Schmerz und ungeheurer Kraft, von Verletzung, Lebenswillen, Angst und Wut und Dazugehörigkeitsverlangen.» Arnold Stadler
«Natascha Wodins Bücher fragen, hinterfragen, suchen und entwickeln eine Erzählhaltung ganz eigener Art, deren Sog den Leser in den Glutkern politischer und menschlicher Abgründe führt.» Jury des Joseph-Breitbach-Preises
Natascha Wodin, 1945 als Kind sowjetischer Zwangsarbeiter in Fürth/Bayern geboren, wuchs erst in deutschen DP-Lagern, dann, nach dem frühen Tod der Mutter, in einem katholischen Mädchenheim auf. Auf ihr Romandebüt Die gläserne Stadt, das 1983 erschien, folgten zahlreiche Veröffentlichungen, darunter die Romane Nachtgeschwister und Irgendwo in diesem Dunkel. Ihr Werk wurde unter anderem mit dem Hermann-Hesse-Preis, dem Brüder-Grimm-Preis und dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet, für Sie kam aus Mariupol wurde ihr der Alfred-Döblin-Preis, der Preis der Leipziger Buchmesse und der Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil 2019 verliehen. 2022 wurde sie mit dem Joseph-Breitbach-Preis für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet. Natascha Wodin lebt in Berlin und Mecklenburg.