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145 Tage lang war der ukrainische Regisseur und Maidan-Aktivist Oleg Senzow im Hungerstreik. In dieser Zeit hat er Tagebuch und Kurzgeschichten geschrieben. Seine Schilderungen geben Einblick in den Alltag in der russischen Strafkolonie "Eisbär" in Labytnangi Polarkreis, in der er seine Lagerstrafe bis zu seiner vorzeitigen Freilassung verbüßen musste. Senzow beschreibt die körperlichen Veränderungen, die während der ausgesetzten Nahrungsaufnahme mit ihm vor sich gehen, das launische Wetter in dieser unwirtlichen Gegend, seine Lektüren und die Erinnerungen an die Revolution auf dem Maidan im Winter 2013/14, an der er unmittelbar beteiligt war. Er porträtiert Mitgefangene und beleuchtet die Mechanismen eines brutalen und menschenverachtenden Rechts- und Haftsystems, in dem der betreuende Lagerarzt Senzows einzige vertrauenswürdige Stütze ist.
Oleg Senzow, geb. 1976 in Sim-feropol auf der Halbinsel Krim, ist ukrainischer Autor und Filmema-cher. Am 11. Mai 2014 wurde er mit drei weiteren Aktivisten we-gen angeblicher terroristischer Handlungen vom russländischen Inlandsgeheimdienst FSB festge-nommen. Er wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt. Menschenrechts-organisationen schätzten das Verfahren und Urteil als politisch motiviert ein und stellten gravie-rende Verstöße gegen interna-tionale Rechtsnormen fest. Im September 2019 wurde Senzow nach einem großen Gefangenen-austausch freigelassen und ist in die Ukraine zurückgekehrt.
Claudia Dathe (*1971) studier-te Übersetzungswissenschaft und BWL in Leipzig, Pjatigorsk (Russland) und Krakau. Nach Auslandstätigkeiten in Kasachs-tan und der Ukraine arbeitete sie von 2009 bis 2020 als Koor- dinatorin für Projekte zum lite-rarischen Übersetzen am Sla-vischen Seminar der Universität Tübingen. Sie übersetzt Litera-tur aus dem Russischen und Ukrainischen, u.a. von Andrej Kurkow, Serhij Zhadan, Ostap Slyvynskyj und Yevgenia Beloru-sez. 2020 wurde sie zusammen mit Yevgenia Belorusez mit dem Internationalen Literaturpreis ausgezeichnet.