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»Eine Frage der Chemie« hat einen intelligenten Hintergrund, ist spannend erzählt, und an einigen Stellen geht es sehr dramatisch zu. Es ist ein Roman fürs Herz, ohne dabei ins Kitschige abzurutschen. Die Heldin der Geschichte ist eine junge Frau namens Elizabeth Zott. Sie ist Chemikerin und hat ihr Leben der Forschung verschrieben. Elizabeth Zott ist gut in ihrem Fach und besser als die meisten Männer, die in diesem Beruf arbeiten. Doch es sind die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts und in den Wissenschaften ist die Frauenquote verschwindend gering. Doch Elizabeth Zott geht unbeeindruckt ihren Weg, ignoriert diese Tatsache und lässt sich nichts gefallen.
Sie brennt für ihre Forschungsarbeit, wie nur wenige in dem Institut, in dem sie beschäftigt ist. Als sie sich in einen Arbeitskollegen, einen berühmten Chemiker, verliebt, gibt sie ihm unmissverständlich zu verstehen, dass sie als Wissenschaftlerin kein Leben in seinem Schatten fristen wird und ihn deshalb nicht heiraten kann. Er respektiert ihre Entscheidung – was bleibt ihm auch anderes übrig. Doch das Schicksal nimmt bald einen anderen Verlauf und tragische Ereignisse führen dazu, dass sie ihre Stelle als Chemikerin verliert.
Um für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, ist Elizabeth Zott gezwungen, eine neue Stelle anzunehmen, die erst einmal gar nichts mit ihrem Traumberuf Chemikerin zu tun hat: Sie moderiert im Nachmittagsfernsehen eine Kochshow. Elizabeth ist nicht glücklich damit und das einzige, was sie darüber hinwegtröstet, diesen Job machen zu müssen, ist, dass sie immer mehr dazu übergeht, den Zuschauerinnen das Kochen als chemischen Prozess zu erklären. Kochen ist schließlich nichts anderes als Chemie und das beginnt schon bei der Zubereitung eines Kaffees.
In der Fernsehküche entsorgt sie nach und nach überflüssige Accessoires und da ihre Sendung live übertragen wird, kann sie auch niemand daran hindern zu sagen, was sie will und bald wundert man sich beim Fernsehsender über die hohen Einschaltquoten der Sendung. Was Kochen mit Chemie zu tun hat und was man daraus für das eigene Leben ableiten kann, erklärt Elizabeth Zott ihrem begeisterten Publikum. Denn: »Chemie ist Veränderung und Veränderung ist Mut.« Kaum zu glauben, welche Weisheiten man in einen Topf werfen kann. Dass diese Mischung langsam beginnt zu brodeln ist unausweichlich.
zum Produkt € 26,00*
Eva Tind geht in ihrem Roman der Frage nach, welche Bedeutung die eigenen Wurzeln haben und inwieweit die Herkunft Einfluss auf die Lebensgestaltung eines jeden Menschen nimmt. Wie entscheidend sind die Wurzeln bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit? Und wer weiß schon wirklich, ob diese Fragen philosophisch, gesellschaftlich oder sogar biologisch zu erklären sind? Eva Tind hat zu diesem Thema einen ungewöhnlichen Roman geschrieben, in dem sie nicht nur die gängige Mutterrolle auf den Kopf stellt, sondern das ganze Konstrukt »Familie« hinterfragt.
Sui ist eine der drei zentralen Figuren, um die sich der Roman dreht. Sie ist ohne Mutter bei ihrem Vater Kai aufgewachsen. Nachdem Sui ausgezogen ist, steht ihr Vater Kai etwas ratlos vor der Frage, wie er sein weiteres Leben gestalten soll. Auf der Suche nach einer spirituellen Erfahrung, lässt er alles hinter sich und reist nach Asien. Miriam, Suis Mutter, hat sich vor Jahren von der Familie losgesagt und ihr Leben der Kunst verschrieben.
Miriam wollte nie das klassische Familienmodell leben und hat, schon als sie Kai kennenlernte, keinen Hehl daraus gemacht. Sie wollte ihr Leben immer nur allein der Kunst widmen. Hier wird das Bild einer egozentrischen Künstlerin gezeichnet, die keine Kompromisse macht, wenn es darum geht sich, bzw. die Kunst, zu verwirklichen.
Vom Ende her erzählt erfahren wir, wie es dazu kam, dass ihre Tochter Sui beim Vater aufwuchs und nie Kontakt zu ihrer Mutter hatte. Jetzt beginnt die erwachsene Sui der Frage nach ihren Wurzeln nachzugehen. Sie löst sich aus einer unglücklichen Beziehung und geht auf eine Reise, von der sie sich Klarheit verspricht. Auf dieser Reise ist sie nicht nur auf der Suche nach ihrer Mutter, sondern erfährt auch etwas über ihren Vater und den Zweig der Familie, von dem sie bisher keine Ahnung hatte. Doch was bleibt zum Schluss übrig? Was steht am Ende dieser Sinnsuche und welche Bindungen sind letztendlich die Entscheidenden?
Dieser poetisch erzählte Roman handelt von drei Menschen, die miteinander verbunden sind, doch diese Nähe auf ganz unterschiedliche Weise wahrnehmen. Der Autorin ist ein wunderschöner und eigenwillig erzählter Familienroman gelungen. Auf außergewöhnliche Weise geht Eva Tind der Frage nach, wie wir leben wollen und ob es so etwas wie Bestimmung gibt. Ein schönes, tiefes Buch über die Reise zum eigenen Ursprung.
zum Produkt € 25,00*
Der Reporter Moritz von Uslar war vor einigen Jahren sehr erfolgreich mit seinem Buch »Deutschboden«. Darin erzählt er von seinen Erfahrungen in einer ostdeutschen Kleinstadt, einige Jahre nach der Wende. In Gregor Sanders Buch wird der Spieß nun umgedreht. Hier beobachtet ein Ostdeutscher den Westen! Dem Autor ist es dabei gelungen, eine Region in Deutschland zu beschreiben, die zwar den Reichtum und das Wirtschaftswachstum des Landes einmal begründet hat, aber jetzt abgehängt und vergessen ist. Er beobachtet, wie es ist dort zu leben und verfällt glücklicherweise nicht in Klischees über das Ruhrgebiet. Vielmehr beobachtet er die Menschen, ihre Haltung, ihre Ansichten, den Unterschied zwischen arm und reich und die Folgen einer versäumten Integrationspolitik, die sich in politischen Ansichten widerspiegelt – im Westen genau wie im Osten.
Dabei herausgekommen ist ein Buch, das viel mehr ist, als nur eine Antwort auf die Bücher der letzten Jahre über den wilden Osten. Es ist ein Buch über die Heimatverbundenheit der Menschen, die in einer Stadt leben, die zu den am wenigsten lebenswerten Städten überhaupt gehört. Dabei wissen sie sehr wohl um ihre sozial schwierige Situation. Es gibt in diesem Buch einige sehr melancholische Stellen, aber auch genauso viele witzige Beschreibungen. Und als Gregor Sander nach seinem Aufenthalt im Ruhrgebiet wieder nach Berlin Prenzlauer Berg fährt, nimmt er eine wichtige Erkenntnis mit, doch das müssen sie selber lesen.
zum Produkt € 20,00*
Buchbesprechung Chris Vick: Allein auf dem Meer. Beltz, geb. 15 Euro. Ab 14 Jahre
Manchmal verkaufen sich Bücher allein schon über das Cover. Das wird bei diesem Titel wahrscheinlich auch so sein. Aber in diesem Fall hält das Buch auch, was das Cover verspricht: Es ist vielschichtig, es führt in Helligkeit und dunkle Tiefen, es hat Geheimnisvolles und Angst-Einflößendes – und es ist gut.
Bill ist mit anderen Jugendlichen und einem erfahrenden Skipper auf einem Segelturn, als ein Sturm das Boot zum Kentern bringt. Bill kann sich in ein Beiboot retten und holt bald noch ein ebenfalls schiffbrüchiges Berbermädchen aus dem Wasser, Aya. Sie sind sich fremd, der gut behütete, sensible Junge aus England und das schweigsame, aber kluge Mädchen aus Marokko. Aber auf so kleinem Raum, der sengenden Sonne und den Gefahren des Meeres ausgesetzt, bleiben sie das nicht lange. Sie gestehen sich ihre Ängste ein, sie teilen das kostbare Trinkwasser, und wenn einer von beiden fast verzweifelt, ist der andere stark. Was sie in diesen Wochen gemeinsam erleben, Schönheit und Schrecken der Natur, wird sie für immer zusammenschweißen.
Ein unglaublich spannendes Kammerspiel, das in einer Nussschale auf dem Meer stattfindet. In der schonungslosen Beschreibung von körperlicher Qual und seelischen Ängsten mutet es den Lesenden einiges zu, lässt sie andererseits aber auch wunderbar intensive Momente der Mitmenschlichkeit und Schönheit miterleben. Für Jugendliche ab 14, die keine Scheu haben, sich mit zwei charakterlich starken Menschen einem extremen Szenario auszusetzen.
zum Produkt € 15,00*
Jan Weiler: Der Markisenmann. Heyne, geb. , 22 Euro.
Kim ist 15, fühlt sich fremd in der eigenen Patchwork-Familie und ist schuld an einem Unfall, bei dem ihr kleiner Bruder zu Schaden gekommen ist. Vom Familienurlaub wird sie deshalb ausgeschlossen und soll die Sommerferien beim ihr unbekannten leiblichen Vater verbringen.
Auch in dessen Leben läuft so einiges nicht richtig rund. Papen lebt im Ruhrpott in einer Industriehalle und fährt Tag für Tag durch den Ruhrpott, um seine Markisen mit dem grauenhaften 90er-Jahre-Design unter die Leute zu bringen– mit sehr mäßigem Erfolg.
Kim erwartet nicht viel von diesen Sommerferien im Gewerbegebiet an der Ruhr. Aber dann fängt sie an, die Freiheiten zu genießen, die ihr der neue Vater lässt, und kann die Rolle der rebellischen Pubertierenden Stück für Stück ablegen. Die kumpelhafte Fürsorge der Werkstatt-Typen in der Nachbarschaft tut ihr gut. Und bei den Verkaufs-Touren durch Bottrop und Gelsenkirchen entpuppt sie sich zudem noch als Naturtalent. Als die Sommerferien zu Ende sind, hat sich nicht nur eine besondere Vater-Tochter-Beziehung entwickelt, Kim weiß jetzt auch besser, was ihr wichtig ist und wohin sie will im Leben.
Ein ganz anderer Weiler, als ich ihn bisher kannte: zum Lachen auch, ja, aber ergänzt um kleine Seufzer des Mitgefühls mit den gebeutelten Protagonisten. Der Autor zeichnet sie detailreich mit liebenswerten Macken. Niemand ist hier nur gut oder böse. Und alle haben ihr Päckchen zu tragen, müssen mit Verletzungen leben und mit Schuld, müssen Missverständnisse aushalten - und gewinnen zwischen Schrotthof und Trinkhalle dem Leben trotzdem seine Sonnenseiten ab.
Auf der letzten Buchseite fällt einem der Abschied schwer von diesem bunten Haufen – so, wie es sein soll bei einem guten Buch. Man kann nur hoffen, dass jemand einen Film draus macht.
zum Produkt € 22,00*
Man sollt meinen, wer einmal knapp einem Tornado entkommen ist, geht diesem Thema aus dem Weg. Aber bei Frankie ist es genau umgekehrt. Tornados sind ihre Leidenschaft, vielleicht, weil sie manchmal das Gefühl hat, in ihrem Kopf tobe auch einer. Dann nämlich, wenn in Frankie die Wut hochkommt und sie sie irgendwie rauslassen muss. Am besten, alles läuft nach Routine, niemand fasst sie an und es ist nicht zu laut.
Mit Freundschaften tut sich Frankie entsprechend schwer. Deshalb stürzt für Frankie eine Welt zusammen, als sie sich von ihrer besten und einzigen Freundin Colette verraten fühlt und ihre Freundschaft zerbricht. Frankie leidet immer noch unter dem Bruch der Freundschaft, als kurz vor den Sommerferien Colette plötzlich verschwindet und die Suche nach ihr tagelang erfolglos bleibt.
Frankie spürt, dass die Geschichte etwas mit ihr zu tun hat und setzt Stück für Stück das Puzzle der letzten Monate zusammen. Was ihr sonst oft das Leben schwer gemacht hat – ihre Wahrnehmung von Details und die Fähigkeit, hinter Fassaden zu schauen, sind ihr jetzt eine große Hilfe. Ein spannender und emotional berührender Roman (ohne vordergründiges Happy-End), der ganz nebenbei für Verständnis für Kinder wirbt, die ihre Impulse nicht immer unter Kontrolle haben.
Ab 11 Jahren
zum Produkt € 15,00*
Gustav redet einfach nicht mehr – nur in Gedankensprache mit seiner Wasserpflanze. Gutes Mittel, um keine blöden Fragen von Erwachsenen beantworten und nicht erklären zu müssen, welches Gefühls-Chaos in einem herrscht. Bei Mama und ihrem neuen Freund funktioniert das ganz gut. Nicht aber bei Charlie, die von jetzt auf gleich in Gustavs Leben platzt, sich als beste Detektivin aller Zeiten vorstellt, kein Blatt vor den Mund nimmt und gleich für Zwei redet.
Als sie herausfindet, dass Gustav darunter leidet, seinen richtigen Vater nicht zu kennen, organisiert sie eine Suchaktion – mit Gustavs Opa am Lenkrad eines alten Bullis, quer durch Europa. Logisch, dass dabei einiges an Unvorhersehbarem passiert. Aber Charles verlässt sich da ganz auf die supermystische Kraft des Universums und dass am Ende alles gut wird.
Gut wir es tatsächlich am Ende, aber nicht kitschig und ohne Rosa-Brillen-Happy-End.
Ein inhaltlich wie sprachlich tolles Roadmovie für jüngere Leser mit allem, was man als 10Jährige(r) so braucht: Abenteuer, Freundschaft, Humor und eine ganz große Portion Zuversicht, dass das Leben sich meistern lässt, auch wenn es nicht immer so glatt läuft.
Ab 10 Jahren
zum Produkt € 13,00*
Die Zeit ist reif. Für Paul und seine Mutter steht wieder mal ein Umzug an, und beim Packen stößt Paul auf seine ganz persönliche Blackbox. Darin: Ein Smartphone, eine Sonnenbrille, ein Kondom und ein Messer. Warum er diese Gegenstände aus dem letzten, harten Jahr aufbewahrt hat, weiß Paul eigentlich nicht genau. Vielleicht, weil ihm unbewusst klar war, dass er sich diesem verdammten, dramatischen und bis zu einem gewissen Punkt auch schönem Abschnitt seines Lebens irgendwann noch einmal stellen muss.
Mit jedem Erinnerungsstück, das Paul aus der Box holt, nimmt der Leser teil an dem Durchleben und Aufarbeiten eines wirklich ereignisreichen Jahres mit verrückten Aktionen und gedanklichen Tiefgängen. Man lebt mit, man leidet mit, man hofft mit. Es geht um Mobbing, Freundschaft, die erste Liebe und die Suche nach dem Standpunkt im Leben – und das sprachlich sehr leichtfüßig und ohne Klischees.
Erzählt wird in zwei Zeitebenen, bei dem die Charaktere immer mehr an Kontur gewinnen und sich Stück für Stück ein Bild des für Paul so wichtigen Jahres ergibt. Obwohl man recht früh ahnt, was Paul da verdrängt, verliert das Buch zu keinem Zeitpunkt an Spannung und Fahrt.
Den Satz aus dem Klappentext kann ich diesmal wirklich unterschreiben:
„Aufwühlend, fesseln und ziemlich cool.“ Vielleicht mal eine neue Schullektüre?
zum Produkt € 16,00*
Wer den Überraschungserfolg des Jahres 2020 noch nicht kennt, kann das jetzt mit der Taschenbuch-Version nachholen.
Seit Kyas Mutter die Familie wegen des gewalttätigen Vaters verlassen hat, bricht diese nach und nach auseinander, bis die Jüngste ganz allein zurückbleibt. Sie hat früh gelernt, für sich selbst zu sorgen. Die Natur in den Sümpfen North-Carolinas ist ihr Zuhause und die Tiere dort ihr Trost. Mit der Rolle der gesellschaftlichen Außenseiterin und den damit verbundenen Vorurteilen kann Kya gut leben – bis ein Mordverdacht auf sie fällt…
Das Buch ist Familiendrama, Liebesgeschichte im weitesten Sinne und etwas Kriminalroman. Zuviel auf einmal, urteilten einige Feuilletons, und taten das Debüt der 70jährigen Deilia Owens mit ihrer unglaublich starken Protagonisten etwas herabsetzend als „Huckleberry Finn im modernen Setting“ oder „Märchen für Erwachsene“ ab. Na und? Huckleberry ist ein Klassiker, Märchen gehören zum Kulturgut, und nicht immer ist man in der Verfassung, sich intellektuell an einem Buch abzuarbeiten.
Wer also einen Roman sucht, bei dem er einfach abtauchen kann in eine dramatische Geschichte und wunderbare Naturbeschreibungen und dazu überraschende Wendungen am Ende liebt, der sollte sich ruhig vom „Gesang der Flusskrebse“ bezirzen lassen.
zum Produkt € 13,00*