Jorgos Flambouraris empfiehlt :
Tarjei Vesaas (1897-1901) ist mit zwei meisterhaften Romanen unsterblich geworden: »Das Eis-Schloss« und »Die Vögel«. In »Die Vögel« erzählt er von dem Außenseiter Mattis, der sich in eine kindliche innere Welt zurückgezogen hat und von den anderen Dorfbewohnern als zurückgeblieben verlacht wird. Seinen Lebensunterhalt versucht er mit kleinen Hilfsarbeiten auf dem Feld und im Wald zu bestreiten. Mattis lebt in einer Hütte am See mit seiner Schwester Hege, die den Haushalt führt und ihn versorgt, und er fühlt sich mit der Natur ringsum verbunden. Besonders ziehen ihn die Waldschnepfen an, deren frühlingshaften Balzflug er als Zeichen sieht, als Verheißung, die er nicht entschlüsseln kann. Als eines Tages der Holzfäller Jørgen auftaucht, sich in Hege verliebt und dann auch noch eine Schnepfe erschießt, wird Mattis aus der Bahn geworfen.
In sparsamer, eindringlicher Sprache und in unvergesslichen Bildern beschreibt Tarjei Vesaas das Innenleben des Sonderlings Mattis und seinen Blick auf die Welt, und dabei auch sein Unvermögen, sich auszudrücken, sich mit anderen Menschen zu verständigen. Das Ungesagte zwischen den Zeilen, das im Grunde Unsagbare fügt Vesaas in einzigartiger, unverwechselbarer Weise ins feine Netz der Erzählung und erzeugt damit poetische Spannung und ein unbedingtes Mitgefühl für Mattis. Hinrich Schmidt-Henkel versteht es auf fast magische Weise, die Zwischentöne, Auslassungen und die Verknappung in der deutschen Übersetzung nachzubilden und uns die Geschichte mit ihrer ganz eigenen Melodie so nahezubringen, dass uns gar nichts übrig bleibt, als den Roman und seine Hauptfigur Mattis tief ins Herz zu schließen.
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Zum ersten Mal auf Deutsch: Der Roman von Boris Lurie verbindet die Gewalt der KZs mit der zerstörerischen Energie der Kulturindustrie. Radikal und provokant wie kein Autor zuvor.
Bobby ist in New York regelmäßig zu Gast - oder sollte man besser sagen: gefangen? - im »Haus von Anita« und lässt sich dort zusammen mit drei weiteren Männern von den Gebieterinnen des Hauses zur sexuellen Befriedigung quälen und misshandeln. Was auf der Oberfläche wie ein pornographischer S/M-Roman wirkt, ist auf einer anderen Ebene die provokante Darstellung der Nazigräuel.
Ruth Klüger hat in der detailgenauen Darstellung der Lager die Gefahr einer »Pornographie des Todes« gesehen. Wie ein auf die Spitze getriebener Beweis ihrer provokanten These liest sich dieser Text, an dem Boris Lurie mehr als 40 Jahre arbeitete. Auch er war ein Überlebender der Shoah und er war Mitbegründer der NO!art-Bewegung, die sich vor allem gegen die Pop Art und eine selbstgefällige Konsumgesellschaft wendet.
Die industrielle Zerstörung der Körper in den Lagern wird hier bis zur Unerträglichkeit mit ihrer kulturindustriellen Vernutzung durch Konsum, Kommerz und Pornographie verschränkt. Lurie verarbeitet in diesem Buch nicht nur seine Erfahrung der KZs, sondern fragt auch mit schockierender Eindringlichkeit nach der Bedeutung der Kunst nach der Shoah. Eine Lektüre, die erlitten und nicht genossen werden will.
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»Vielleicht ist es nicht völlig falsch, wenn sich ein Jude darum kümmert, Eichmann zur Fiktion zu verurteilen.«
Mit beißendem Spott zeigt uns Ariel Magnus in diesem Roman einen unbelehrbaren Menschen, dessen antisemitischer Irrglauben auch im argentinischen Versteck ungebrochen war und der dort bar jeder Reue und völlig unbehelligt von einer Rückkehr nach Deutschland träumen konnte - bis zu seiner Verhaftung 1960.
Buenos Aires, 1952: Ricardo Klement alias Adolf Eichmann hat Pech, denn ausgerechnet an dem Tag, an dem seine Frau Vera mit den Söhnen endlich aus Deutschland in Buenos Aires eintreffen werden, sind alle Blumen ausverkauft. Offiziell gibt sich Klement als der Onkel seiner Söhne aus, um unerkannt zu bleiben. Der einstige Cheforganisator der Deportationszüge nach Auschwitz führt im argentinischen Exil ein bescheidenes Leben und trifft bisweilen im Restaurant »Zur Eiche« zahlreiche SS-Angehörige und NSDAP-Funktionäre zum gemütlichen Plausch. Diese werden nicht nur vom deutschen Botschafter gedeckt, sondern auch von der argentinischen Regierung und Juan Perón unterstützt. Nur wenn sich an den Nachbartischen emigrierte jüdische Familien zum Abendessen niederlassen, wird es für die Nazigrößen ungemütlich - was, wenn jemand sie erkennt?
Nach seiner Verurteilung bestand Eichmann darauf, ein kleines Rad im Getriebe gewesen zu sein. Ariel Magnus führt uns ins Innere dieses unbelehrbaren Nazis und seiner menschenverachtenden Ideologie.
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Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. Das erfahren die Protagonisten dieser nach bester irischer Tradition erzählten Geschichten, die vor hundert Jahren als Bauern und Fischer (und Meister der Schwarzbrennerei) in Donegal am nordwestlichsten Zipfel Irlands leben. So versucht Denis der Träumer, in seinem Dorf die Liebesheirat zu propagieren - bis er selbst sich, von seiner großen Liebe enttäuscht, am Ende mit einer so unattraktiven Frau wiederfindet, dass er froh ist, zur Hochzeit wenigstens ein Schaf als Mitgift heraushandeln zu können ...
Ó Griannas hintergründige Erzählungen voll trockenem Witz versetzen uns in eine versunkene Welt, deren Figuren in ihren Verwicklungen vertraut wirken und angesichts unserer aktuellen Herausforderungen zugleich wunderbar tröstlich sind.
zum Produkt € 24,00*
Stig Dagerman (1923-1954) wurde 1946 von der schwedischen Zeitung »Expressen« beauftragt, Deutschland zu bereisen und ein Bild des zerstörten Landes nach dem Weltkrieg zu geben. Ein Reisebericht in 13 Stationen über Berlin, Hamburg, das Ruhrgebiet, Frankfurt, Heidelberg und München, aber auch über die dazwischenliegenden ländlichen Regionen über Zugfahrten, Politikerauftritte und Gerichtsprozesse entstand in diesem regnerischen Herbst 1946, der geprägt ist von Ruinen und Hunger, unterdrückter Kontinuität nationalsozialistischen Denkens und dem erhofften Aufbruch durch die alliierte Demokratisierung. Stig Dagerman begegnet den Menschen auf seiner Reise nie mit moralischer Überlegenheit - sondern mit Interesse und Mitgefühl, im Versuch, die gesellschaftliche wie persönliche Situation jedes Einzelnen zu verstehen.
In jenem Herbst erlebt Stig Dagerman mit seinem zweiten Roman in Schweden gerade den Durchbruch: Seine Frau schickt ihm die begeisterten Rezensionen, und er schämt sich im Angesicht der Zerstörung und des Leidens für den Erfolg. Paul Berf hat die Reiseberichte nicht nur in ihrer ganzen Beschreibungsdichte und Gedankenvielfalt in ein schwingendes, unverstelltes Deutsch übersetzt, sondern auch ergänzend eine Auswahl aus den Briefen getroffen, die Dagerman - teilweise auf Deutsch verfasst - von der Reise an seine Angehörigen in die Heimat schickte. Der Bericht des schwedischen Ausländers über das Deutschland der Stunde Null, dessen äußere Konflikte und innere Spannungen gibt uns einen einzigartigen Einblick in eine Zeit, in der nicht ausgemacht war, ob dieses Land jemals wieder auf die Beine kommen würde.
zum Produkt € 22,00*
Der junge Robert weiß schon früh, dass er wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewegung, sehnt sich nach der Weite des Meeres. Daher beschließt er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, sich zum Ort seiner Sehnsucht, der offenen See, aufzumachen. Fast am Ziel angekommen, lernt er eine ältere Frau kennen, die ihn auf eine Tasse Tee in ihr leicht heruntergekommenes Cottage einlädt. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, allein lebend, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion. Aus dem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, und Robert lernt eine ihm vollkommen unbekannte Welt kennen. In den Gesprächen mit Dulcie wandelt sich sein von den Eltern geprägter Blick auf das Leben. Als Dank für ihre Großzügigkeit bietet er ihr seine Hilfe rund um das Cottage an. Doch als er eine wild wuchernde Hecke stutzen will, um den Blick auf das Meer freizulegen, verbietet sie das barsch. Ebenso ablehnend reagiert sie auf ein Manuskript mit Gedichten, das Robert findet. Gedichte, die Dulcie gewidmet sind, die sie aber auf keinen Fall lesen will.
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Der spektakuläre Bestseller aus Frankreich: Eine brillante Mischung aus Thriller, Komödie und großer Literatur. Im März 2021 fliegt eine Boeing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm. Die Turbulenzen sind heftig, doch die Landung glückt. Allerdings: Im Juni landet dieselbe Boeing mit denselben Passagieren ein zweites Mal. Im Flieger sitzen der Architekt André und seine Geliebte Lucie, der Auftragskiller Blake, der nigerianische Afro-Pop-Sänger Slimboy, der französische Schriftsteller Victor Miesel, eine amerikanische Schauspielerin. Sie alle führen auf unterschiedliche Weise ein Doppelleben. Und nun gibt es sie tatsächlich doppelt - sie sind mit sich selbst konfrontiert, in der Anomalie einer verrückt gewordenen Welt.
Hochkomisch und teuflisch intelligent spielt der Roman mit unseren Gewissheiten und fragt nach den Grenzen von Sprache, Literatur und Leben. Facettenreich, weltumfassend, ein literarisches Ereignis.
zum Produkt € 22,00*
Endlich wieder in deutscher Übersetzung lieferbar: das Buch, mit dem Abdulrazak Gurnah der Durchbruch gelang
Ostafrika, Ende des 19. Jahrhunderts: Der zwölfjährige Yusuf führt mit seiner Familie ein einfaches Leben auf dem Land. Als der Vater sich mit seinem kleinen Hotel verschuldet, wird Yusuf in die Hände von Onkel Aziz gegeben und landet im lebhaften Treiben der Stadt, zwischen afrikanischen Muslimen, christlichen Missionaren und indischen Geldverleihern. Die Gemeinschaft dieser Menschen ist alles andere als selbstverständlich und von subtilen Hierarchien bestimmt. Yusuf hilft in Aziz' Laden und bei der Pflege seines paradiesisch anmutenden Gartens. Doch als der Kaufmann ihn auf eine Karawanenreise ins Landesinnere mitnimmt, endet Yusufs Jugend abrupt. Die gefährliche Unternehmung bringt Krankheit und Tod und zeigt allen Teilnehmern schmerzhaft, dass die traditionelle Art des Handels keine Zukunft mehr hat. Was Yusuf erlebt, lässt ihn erwachsen werden. So verliebt sich der junge Mann nach seiner Heimkehr kopfüber, aber er und alle um ihn herum werden brutal mit der neuen Realität der deutschen Kolonialherrschaft konfrontiert. Einfühlsam, lebendig und in leichtem, humorvollem Ton, erzählt Abdulrazak Gurnah in »Das verlorene Paradies« vom Erwachsenwerden in Zeiten des kolonialen Umbruchs. Im Original 1994 erschienen, stand der Roman u.a. auf der Shortlist des Booker Prize und stellte für Gurnah den Durchbruch als Schriftsteller dar. Jetzt ist er endlich wieder in der Übersetzung von Inge Leipold auf Deutsch zu lesen.
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Das Berlin der Goldenen 1920er ist eine Erfolgsstory, die das 20. Jahrhundert seinen Kindern und jetzt auch Kindeskindern immer wieder gerne erzählt: so viel Rasanz, Theatralik, Drama, Lichter der Großstadt, Verkehrschaos, Leben, das laut auf sich aufmerksam macht, will es nicht in Hinterhöfen und Mietskasernen verkümmern, Cabaret, Theater, Funk, Film, Reklame, Bubikopf und Monokel, queere Kieze, Charleston und der "Onkel Bumba aus Kalumba" ; alles rennt, rast und schwoft, jeden Tag breaking news , Sensationen und Spektakel. An dieser Geschichte, deren Strahlkraft heller leuchtet als fünf Millionen Osram-Birnen (Werk Berlin-Friedrichshain), haben viele mitgestrickt: Kunstschaffende, City Girls, Gigolos, Bohemiens, Intellektuelle, Koksbarone, Ringvereine und Politgangster, Wissenschaftler, Sportskanonen und Spekulanten, Dr. Mabuse, Mackie Messer, Maria, der schöne Maschinenmensch und eine endlose Parade von tanzwütigen Nachtschwärmern.
Nach den Bestsellern Hollywood in the 30s und Jazz: New York in the Roaring Twenties hat sich Illustrator Robert Nippoldt diesmal mit dem Schriftsteller Boris Pofalla zusammengetan, um den Geist dieses Jahrzehnts in einem atmosphärisch dichten Album einzufangen.
Nippoldt stellt nicht nur bekannte Figuren wie Lotte Reiniger, Christopher Isherwood, Albert Einstein, Kurt Weill, Marlene Dietrich und George Grosz vor, sondern auch Thea Alba, "die Frau mit zehn Gehirnen", Magnus Hirschfeld, den "Einstein des Sex", und den berühmt-berüchtigten Ganoven Adolf Leib. Bevor Weltwirtschaftskrise und Naziherrschaft Berlin das Licht ausknipsen, zeigt uns Nippoldt noch einmal alles: die grellen Lichter der Großstadt und das Grau der Fabriken, Hinterhöfe und Mietskasernen, das Geschrei der Sporthallen und die Stille der Theatersäle, den Gesang der Comedian Harmonists und Marlene Dietrich, die sich zylinderbehütet eine Zigarette anzündet und dann - kluge Frau - ein Dampferticket nach Hollywood kauft.
Auszeichnungen: ADC Award, 2019, New York iF Design Award, 2019, Hannover A' Design Award, 2019 Como/Italy Econ Megaphone Award, Shortlist, 2019, Berlin Indigo Design Award, 2019, Amsterdam German Design Award, 2019, Frankfurt Best Book Award, 2018, Los Angeles Berlin Type Award, 2018, Berlin Red Dot Design Award, 2018, Essen ADC Award, 2018, Berlin Joseph Binder Award, 2018, Vienna International Design Award, 2018, Los Angeles International Creative Media Award, 2018, Meerbusch Stiftung Buchkunst, Shortlist, 2018, Frankfurt
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Es ist der größte Steuerraub der Geschichte: Über Jahre ließen sich Banken und reiche Anleger mithilfe skrupelloser Anwälte Steuern vom Finanzamt erstatten, die sie nie gezahlt hatten. Mit anderen Worten: Sie stahlen unser aller Geld. Allein in Deutschland beläuft sich der Steuerschaden durch Cum-Ex und ähnliche Betrügereien auf circa 36 Milliarden Euro, in elf europäischen Staaten und den USA sind es insgesamt etwa 150 Milliarden Euro.
Oliver Schröm deckte die schmutzigen Investments von Finanzjongleuren wie Carsten Maschmeyer auf, enthüllte Olaf Scholz' Verstrickung in die Cum-Ex-Affäre von Deutschlands größter Privatbank, und er rief die internationale Investigativkooperation »CumEx-Files« ins Leben. Hier erzählt er exklusiv von seinen oft abenteuerlichen Recherchen, bei denen er selbst zum Gejagten wurde. Ein Wirtschaftskrimi und ein Sittengemälde zugleich.
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