Ein Mädchen, 13 Jahre alt, verschwindet – und versetzt ein Dorf, irgendwo in Norfolk, England, damit in Aufruhr.
Klingt wie ein Krimi, ist aber keiner. Nicht mal ansatzweise.
Stattdessen ist Jon McGregors Roman „Speicher 13“ ein auf seine ruhige Art beinahe sanftmütiger Roman über das Vergessen, über Veränderungen und darüber, dass am Ende doch alles irgendwie gleich bleibt. Über dreizehn Jahre hinweg nämlich fokussiert diese Erzählung das Leben der Dorfbewohner_innen, die kleinen und großen Umbrüche in ihrem Leben, die Entwicklung des Dorfes als Ganzes, und die immer wiederkehrenden Zyklen der Natur, die sich so gar nicht um die menschlichen Dramen schert. Und entwickelt dabei seinen ganz eigenen, ruhigen Sog.
Ein Roman, der – ebenso wie zuletzt Annie Ernaux großer Roman „die Jahre“ – die Balance zwischen einer kollektiven Erzählung und Psychogramm nicht nur schafft, sondern etwas Neues daraus macht: ein leises, manchmal zynisches, hier und da in seiner Schonungslosigkeit brutales, aber oft liebevolles Raunen, in dem doch immer wieder einzelne Stimmen herauszuhören sind.
zum Produkt € 22,00*
Zugegeben, dies ist mein erster "Schlink".
Und dann gleich so ein Treffer, so ein Lesegenuss! Olga!
Ihre Geschichte, die in Pommern zu Beginn des 20. Jahrhunderts sprachlich schön, aber thematisch eher sanft beginnt und wie die Romanbiografie der sofort sympathischen Protagonistin anmutet, entwickelt sich spätestens ab der Hälfte des Buches zu einem unfassbaren Leserausch. Und unfassbar steht hier auch für fassungslos.
Ein Buch über eine innerlich und äußerlich begrenzte und trotzdem (oder gerade deshalb?) grandiose Liebe, über die männliche Sehnsucht nach großen Taten und die stillen, aber nachwirkenden Entscheidungen der Frauen im vergangenen Jahrhundert.
Und dann blättert man zurück zu den ruhigen Anfangsseiten und fragt sich, ob es sein kann, ob es wirklich sein kann und beginnt noch einmal von vorn ...
zum Produkt € 24,00*
Es ist schwierig dieses Buch zu empfehlen, denn wenn es etwas gibt, das dem Gegenteil von einer gemütlichen Sonntagsabend-Lektüre entspricht, dann findet man es wohl in diesem Text.
Schon der Titel des Buches zeigt an, dass das kein leichter „Roman“ ist, aber das, was sich dahinter verbirgt, ist wirklich explosiv: eine anonyme Erzählerinnenstimme (die Autorin möchte nicht erkannt werden und bleibt unbekannt) berichtet von einem jahrelangen physischen und emotionalen Missbrauch durch ihren Vater, den Versuchen diesen zu entkommen, dem Scheitern dieser Versuche. Und das in einer Sprache, die nicht leicht zu ertragen ist, so direkt (mitunter pornografisch), so teilweise kalt, dann wieder emotional, ist sie. Unglaublich unter die Haut gehend liest sich dieser Bericht – und gleichzeitig literarisch sehr eindrücklich: Die Autorin wählt nämlich gerade eben nicht die chronologische Form eines klassischen Berichtes (insofern ist der Titel „Tagebuch“ auch sehr irreführend), sondern lässt die Leser_in mit ihren Gedanken „mitspringen“ – und damit direkt an ihrer inneren Zerrissenheit teilhaben: zwischen der Liebe zum Vater und der Entdeckung der eigenen Sexualität (ein weiteres radikales wie verstörendes Element des Textes ist nämlich, dass die Autorin über die Verquickung ihrer Lust mit dem Missbrauch berichtet) und der Erkenntnis des Verbrechens, das an ihr begangen wurde – und dem Versuch, trotz allem weiterzuleben.
Anders gesagt: dieses Buch ist purer Schmerz. Das will man vielleicht nicht lesen. Aber wenn man es doch tut, ist man um eine wertvolle literarische Erfahrung reicher.
An dieser Stelle noch eine klare TRIGGER-Warnung: dieses Buch enthält sehr deutliche und drastische Beschreibungen sexueller Gewalt.
zum Produkt € 17,00*
Ich bin knallverliebt in dieses Buch!
100 wirklich spannende Frauen haben der Lektorin Friederike Schilbach kleine Einblicke in ihre Badezimmer gewährt.
Ihr wisst schon, dieses Allerheiligste, in dem wir morgens den Tag an- und abends wieder ablegen; dieser private Raum (vielleicht der letzte wirkliche), der so viel mehr über uns verraten kann, als unser Schlafzimmer.
Dieses wunderschön gestaltete Buch ist ein Hort an Bildern und Anekdoten, die wunderbar viel Luft und Inspiration hinterlassen und oft gerade durch das faszinieren, was nicht erzählt und gezeigt wird.
Ich muss es sofort allen meinen Freundinnen schenken!
zum Produkt € 18,00*
Ich finde ein Buch dann gut, wenn es mich emotional UND intellektuell berührt. Colson Whitehead gelingt dies in seiner Geschichte um eine Untergrundbahn zur Befreiuung der Sklaven im Amerika des 19. Jahrhunderts meisterhaft. Ich leide mit den Protagonisten, wenn sie gefoltert werden, ich spüre ihre Hoffnung wenn sie durch die dunklen Wälder fliehen, ich trauere mit ihnen, wenn sie ihre getöteten Verwandten in den Armen halten.
Gleichzeitig begreife ich durch diesen Roman das System des globalen Sklavenhandels, sehe die Aporien der amerikanischen Verfassung vor über 150 Jahren und ziehe düstere Parallelen zu unserer Gegenwart.
"Underground Railroad" ist ein großer, spannender und kluger Roman der uns die Conditio Humana näher zu bringen vermag, als es die Lektüre unzähliger Zeitungen je könnte.
zum Produkt € 24,00*
"Quecke" von Petre M. Andreevski (1934-2006) wurde erstmals 1980 veröffentlicht und zählt bis heute zu den meistgelesenen Büchern in Mazedonien. Mazedonien, dieses südosteuropäische Land, über dessen (von großen Mächten durchgerüttelte) Geschichte wir hierzulande viel zu wenig wissen.
In "Quecke" lässt Andreevski in wechselseitigen, kurzen Kapiteln das Ehepaar Jon und Velika zu Wort kommen. Sie leben zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in einem mazedonischen Bergdorf und teilen mit uns die Nöte ihres harschen, kargen Lebens, geprägt von bitterer Armut und harter Arbeit, Dürre, Krankheiten und dem Versuch des Überlebens der scheinbar nicht enden wollenden, eiskalten Winter.
Als Jon zwangsrekrutiert wird, erfahren wir in den Grauen des Balkan- und Ersten Weltkrieges, als er nicht einmal weiß, für wen er da gerade an der Front stehen muss, viel über die politischen Wirrnisse dieser Zeit.
Doch wie die Quecke, dieses allgegenwärtige Unkraut, das Hitze, Kälte und Trockenheit mühelos übersteht, ja überwuchert und selbst ausgerissen wieder zum Leben erwacht, sobald es mit der Erde in Berührung kommt, erzählt dieses Buch auch von der unbändigen Liebe zum Leben, die den Menschen den Mut gibt, nach jedem noch so harten Schicksalschlag wieder offenen Auges einem neuen Tag entgegenzusehen.
Dank der wirklich gelungenen Übersetzung von Benjamin Langer liegt dieses grandiose Buch nun endlich zum ersten Mal auf deutsch vor.
Wie bei allen Bücher aus dem wunderbaren Guggolz Verlag, könnte ich jetzt seitenlang in der Bewunderung dieser (wie immer) ausgezeichneten Buchgestaltung schwelgen: Die feine Typografie, die stimmigen Illustrationen von Valeria Gordeew, das schöne Vorsatzpapier, der perfekte Buchsatz, die hilfreichen, aber niemals ausufernden Anhänge - es stimmt mal wieder alles bei Guggolz.
Doch auch inhaltlich hat mich "Quecke" zutiefst berührt und gebannt und von allen Guggolz-Büchern, die mir ohnehin immer sehr zu den liebsten jeder Saison gehören, ist dieses hier nun besonders nah an meinem Herzen. Es hat sich tief verankert, eingequeckt.
zum Produkt € 24,00*
Das Amerika der Zukunft ist ein naturkatastrophengepeitschter Landstrich auf dem ein jahrzehntelanger, erbitterter Bürgerkrieg tobt: Der solarbetriebene Norden kämpft gegen die rückständigen Südstaaten, die partout nicht auf die Nutzung von Benzin verzichten wollen. Mexiko hat zum eigenen Schutz längst die Mauer hochgezogen und die arabischen Staaten haben sich in einer großen Allianz zusammengeschlossen, die regelmässig Hilfspakete nach Amerika schickt.
Drohnenangriffe und Selbstmordattentate gehören genauso zum täglichen Überlebenskampf des Südens, wie die riesigen Flüchtlingslager an der Grenze zum Norden.
Doch der Autor Omar El Akkad setzt uns nicht allein diesem Endzeit-Drama aus. Er schenkt den LerserInnen eine Protagonistin, die mit allen ihren Ecken und Kanten sofort zu unserer Heldin wird: Sarat Chestnut.
zum Produkt € 12,00*
Mein absoultes Herzensbuch erscheint im September in der Taschenbuchvariante. (Ihr dürft aber auch sehr gern die gebundene Ausgabe von der Frankfurter Verlagsanstalt bestellen. Glaubt mir, es lohnt sich! Aber gerade als Geschenk - und auch dieses Buch verschenke ich privat quasi ständig - ist das Taschenbuch ideal.)
Manchmal sage ich meinen KundInnen: "Wenn ich jetzt nur EIN Buch aus diesem Laden mitnehmen dürfte, wäre es DAS hier." und ich reiche "Das achte Leben - für Brilka" herüber.
Ich lese tatsächlich eine ganze Menge und auch viele Bücher, die mich wirklich begeistern, aber dieser Roman ist, seit seinem Erscheinen 2014, das Buch, das mich am tiefsten ins Herz getroffen und am nachhaltigsten meinen Geist befeuert hat. Und es ist bisher die einzige Empfehlung, für die ich dankbare Urlaubspostkarten von seligen LeserInnen bekomme.
"Das achte Leben" ist ein 1200-Seiten-Opus, der einen wirklich meisterhaften, schicksalsgepeitschten Bogen von Georgien um 1900 über das Rote Jahrhundert der Sowjetunion bis in das Berlin der heutigen Zeit beschreibt.
Aber bitte keine Scheu: Nino Haratischwili schreibt hürdenlos. Dieser Wälzer liest sich so soghaft, dass es scheint, als wiege er nichts. Und schafft es trotzdem, lange, lange im Herzen und im Kopf zu bleiben.
Nino Haratischwili hat die schier unglaubliche Gabe, exzellente Recherche der historischen Zusammenhänge mit dem Schönsten zu verbinden, das Sprache kann: Sie kann erzählen! Und zwar ebenso glasklar und filigran, wie fesselnd und mitreißend. Von starken Frauen im tosenden Sturm des vergangenen Jahrhunderts.
zum Produkt € 22,99*
Immer ist alles schön in Anais Welt: draußen die Bäume, Blätter, der Wind, oder der heimlich bewunderte Klassenkamerad Peter, und drinnen ist ihre hübsche Mutter eigentlich auch immer ganz harmonisch versunken (Zehen eincremen, Wein trinken, hübsche Dinge sammeln und aus dem Fenster gucken) und hat ihre „Tierchen“, wie sie Anais und ihren jüngeren Bruder Bruno nennt, furchtbar lieb.
Wie ein Märchen liest sich diese Geschichte um das Geschwisterpaar Bruno und Anais und ihre Mutter bisweilen – so schön ist das alles, zumindest wird dieser Anspruch von Anais, aus deren Perspektive die Geschichte zumeist erzählt wird, permanent aktualisiert und in der Sprache, so metaphern- und bildreich sie ist, auf märchenhafte Weise umgesetzt. Und trotzdem lauert unter dieser kindlich wahrgenommenen Schönheit, das spürt man von der ersten Seite an, irgendetwas, das überhaupt nicht schön ist, aber nie entblößt und ausgestellt wird, eben deshalb: weil Anais nicht von ihrer Position abweicht, dass es trotz des Alkoholkonsums und des Stripperjobs der Mutter, unter denen vor allem Bruno sehr leidet, eben immer auch schön ist in ihrer Familienkeimzelle - bis sich dieser Anspruch irgendwann nicht mehr aufrechterhalten lässt.
Das Besondere an diesem Roman ist der Sog, den er ausübt, die Sprache, die in ihrer märchenhaften Verschrobenheit (sehr ähnlich zu Matthias Nawrats großartigem Roman „Unternehmer“) der Perspektive Anais gerecht wird, ohne die Mutter auflaufen zu lassen und dann die Figur der Mutter selbst, die bisweilen – hier wechselt der Roman (anders als die meisten Romane aus Kinderperspektive!) sogar ein paar Mal die Perspektive – sprechen darf, nie aber ihr Verhalten rechtfertigen muss. Ein Buch, das jede_r lesen sollte, der/die sich fragt, wie etwas schön und nicht schön sein kann, denn „Immer ist alles schön“ ist sehr sehr schön und sehr sehr berührend, aber darin eben auch sehr sehr grausam. Auf eine schöne Art.
zum Produkt € 24,00*
Ganz unter uns: Vor nichts habe ich so sehr Respekt, wie vor KundInnen, die jetzt sofort ein "richtig schönes Buch" als Geschenk brauchen.
Auf Anhieb fallen mir haufenweise Bücher ein, die ich in die Kategorie lebensverändernd einstufen möchte; Bücher, die thematische Abgründe eröffnen oder sprachlich herausfordern, Bücher die polarisieren, Wunden reißen oder einfach sonstwie wunderbar und anregend bis anstrengend sind.
Aber richtig schön? Und dann auch noch für jemanden, der gerade nicht im Laden, eben nicht dabei ist? Also lieber alles eventuell Polarisierende sicherheitshalber weiträumig umschiffen. In keinen Fettnapf treten, bloß kein Krieg, kein Schicksal, keine Krankheit, kein verlorenes Kind, keine deutsch-deutsche Geschichte, keine Politik. Da wird es meistens eng bei mir. Denn ich liebe sie so, die Bücher, die uns an Grenzen treiben. Vieles andere springt für mich dann entweder über die Klinge weil ich es kitschig oder eben weil ich es trivial finde.
Jetzt ist meine mühsam erlesene kleine Herde an richtig schönen Romanen um ein Okapi reicher.
Denn ich habe das neue Buch von Mariana Leky gelesen und dachte immer nur: IST DAS SCHÖN! Ist das richtig, richtig schön!
"Was man von hier aus sehen kann" ist eine im Wortsinn wundervolle Geschichte über die Aufgabe, seinen Platz zu finden in dieser Welt.
Dabei ist sie herrlich einfach, oft zum Brüllen komisch und wirklich bis in den kleinsten Nebensatz herzenswarm. Lange habe ich nichts mehr gelesen, das so viel Lebensklugheit so leichtfüßig transportiert. Zweimal kamen mir die Tränen: einmal vor Lachen und einmal, weil es so richtig, richtig schön war.
Ein Buch, das bis in die scheinbar unwichtigste Nebenfigur vor Menschenliebe nur so strotzt. Das voller Geheimnisse ist und voller wundersamer Verrücktheiten und doch in allem nur bejahend und warm ohne je in Albernheiten oder Schnulzigkeit abzudriften.
Ein Buch, das in diesem Sommer alle lesen werden, vom kleinen Bruder bis zur Großmutter. So richtig, richtig schön ist es!
zum Produkt € 24,00*