Moderation des Abends: Miriam Zeh
Als das Baby auf die Welt kommt, ist alles anders. In »Milchbar« erzählt Szilvia Molnar die Geschichte einer jungen Frau, die Mutter wird. Sie verbringt viel Zeit allein in ihrem New Yorker Apartment. Mutterschaft ist für sie eine komplizierte Erfahrung, zärtlich und brutal, erfüllend und banal. Immer wieder Stillen, Tragen, Wickeln - der eigene Körper ein Wrack. Tage und Nächte strecken sich ins Unendliche. Der einzige Besuch, den sie bekommt, ist von einem merkwürdigen alten Witwer, der im selben Haus wohnt wie sie, und mit dem sie sich anfreundet. In emotionalen Bildern erzählt Szilvia Molnar vom Zustand der ersten Wochen als Mutter zwischen Überwältigung, Isolation, Angst und Neubeginn. Das lebendige Porträt einer jungen Frau in ihren körperlichsten und ursprünglichsten Momenten.
»Szilvia Molnar schreibt mit schneidender Wahrhaftigkeit. Ein eindrucksvoller Blick darauf, was eine Frau, die gerade Mutter wird, durchmacht.« Publishers Weekly
»In ›Milchbar‹ wird über Dinge geschrieben, die in der Literatur bisher nicht vorkamen: eine Milchpumpe, Wochenbett-Netzhosen, riesige, blutige Binden. Während Molnar die Realität von Mutterschaft einfängt, passieren in ihrem Roman wundersame Dinge: Die Zeit bleibt stehen, die Zeit dehnt sich, Moos bedeckt ganze Wohnungen, Geister tauchen auf und verschwinden wieder – und diese unwirklichen Ereignisse passen zur Erfahrung, sich auszudehnen und einen Körper zu gebären. Elektrisierend, wie Molnar mit messerscharfem Witz aus dem Leben einer jungen Mutter erzählt.« Rita Bullwinkel
Übersetzung des Romans: Julia Wolf
Foto Szilvia Molnar: Ben Mistak
Moderation: Odile Kennel und Lea Schneider
Auf Wunsch der Mitwirkenden werden die Einnahmen des Eintritts an das Antonie-Maurer-Haus der Lebenshilfe im Kreis Rottweil gespendet.
Gewalt ist ein Wort, das schematisiert, ein Begriff, der offenen oder verborgenen Schrecken bereithält, von der Hand, die »ausrutscht« bis hin zu schwerer psychischer und physischer Aggression. »Gewalt hat Erinnerung als stärksten Komplizen«, schreibt Jo Frank. In seinem elektrisierenden Prosa-Essay findet er berührende, bildstarke und treffende Worte dafür, wie sich Gewalt einem Menschen lebenslang einschreibt, wie die perfiden Mechanismen von Macht und Missbrauch sich über ein ganzes Leben erstrecken. Er beschreibt Opfer und Täter und ihre unauflöslich scheinende Beziehung zueinander. Immer wieder geht es um die Unzulänglichkeit der Sprache, Gewalt zu beschreiben, und trotzdem immer wieder anzusetzen.
Ein sprachlicher Ritt auf der Rasierklinge, voller Poesie und Kraft, dessen Sätze unter die Haut schießen und sich ihre Wege gleichermaßen ins Herz und in den Verstand bahnen.
Jo Frank
lebt als Autor, Verleger und Übersetzer in Berlin. Er ist Mitgründer des Verlagshaus Berlin. Er übersetzte u. a. »Die Erbärmlichkeit des Krieges. Kriegsgedichte von Wilfred Owen« ins Deutsche (2014). In der Edition Atelier erschien zuletzt »Snacks« (2017).
Foto Jo Frank: © Charlotte Werndt
Alle sechs bis acht Wochen stellen wir hier abends ein paar Stühle im Kreis auf und feiern mit euch das, weshalb wir diesen Beruf auch gewählt haben: den intensiven Austausch über Literatur.
Wir wollen unserem Lesen noch genauer auf den Grund gehen, wollen Bücher auf noch mehr prüfen als allein auf ihre Form und ihren Inhalt.
Im Austausch mit anderen hat eine Lektüre so viel mehr Seiten, als wir allein je entdecken könnten.
Der Eintritt ist frei. Wir freuen uns auch auf neue Teilnehmer*innen.
Beim 33. Lesekreis sprechen wir über:
NORD von Merethe Lindstrøm, aus dem Norwegischen vol Elke Ranzinger.
Ein Krieg geht zu Ende. Irgendwann. Irgendwo. Menschen irren durchs Land. Vertrieben aus Häusern, Dörfern, Lagern. Wie der siebzehnjährige Junge, dessen Schulterblätter wie Flügelstummel aus dem Rücken stehen. Er hat es geschafft zu entkommen. Dem Todesmarsch, dem Örtchen Welcherweg und auch der jungen Aneska, die ihn anstelle ihres im Krieg verschollenen Ehemanns bei sich behalten wollte. Nun folgt er seinem inneren Kompass in Richtung Nord, wo er einmal zu Hause war. Unterwegs begegnet er einem anderen Jungen, auch er mit einer tief eingegrabenen Geschichte, deren Geheimnis er unter der zerschlissenen Kleidung trägt. Ohne Hoffnung und ohne Ziel schließt er sich dem Erzähler an, und eine gewisse Zeit bewegen sie sich gemeinsam durch die von Schönheit und Zerstörung gleichermaßen bestimmte Landschaft. Merethe Lindstrøm erforscht in Nord, was mit gewöhnlichen Menschen unter extremen Bedingungen geschieht. Sie umkreist in diesem eindringlichen, unheimlichen Roman den Nullpunkt der Existenz, der in jeder Kriegs- und Fluchtsituation entsteht, wenn Nahrung, ein Zuhause, ein Bett fehlen, schlicht ein Ort, an den man gehört. Nord umfasst alle Kriege, in denen Gesellschaften und Strukturen zerstört wurden, und doch gelingt es Lindstrøm, auch von der Hoffnung zu erzählen und von der betörenden Schönheit der Natur in einem dunklen Universum.
und über
ALTE MÄDCHEN von Julia Wolf
Es sind immer die Töchter, die fragen! Die drei >Mädchen aus Ostpreußen<, Anni, Else und Hannelore, sollen für eine Image- kampagne ihrer Seniorenresidenz Modell stehen. Während >Germany's Next Topmodel< läuft, verhandeln die drei Mitt- neunzigerinnen, was sie über ihr Leben erzählen wollen - und was nicht.Im Auto unterwegs nach Polen schickt Gudrun eine Sprachnachricht. Ihre Nichte soll vom Tod der Großmutter erfahren. Doch Gudrun schweift ab, erzählt von der Flucht bei Kriegsende, ihrer Kindheit in den 1950ern. Plötzlich wird klar: Sie muss etwas gestehen.Undine, Jenny und Thao verbringen ein Wochenende in Berlin, bevor Jenny ihr erstes Kind bekommt. Neben den Erinne- rungen an ihre Kindheit und Jugend in den 1980ern und 1990ern treten auch die sozialen Unterschiede wieder ans Licht. Während sie ihre Lebensentscheidungen neu bewerten, setzen die Wehen ein.In drei Teilen, »Marjellchen«, »Neue Heimat, altes Haus« und »MILF«, porträtiert Julia Wolf drei Frauengenerationen, indem sie den Wunden, Werten und Erfahrungen der Kriegszeit nachspürt. Mit Alte Mädchen ergänzt Julia Wolf die deutsche Nachkriegsgeschichte um eine wichtige Erzählung weiblicher Subjektivität, die uns die Augen öffnet: dafür, woher wir kommen, wohin wir gehen, was wir mitnehmen und was wir loslassen sollten.
Den Abend moderiert: Miryam Schellbach
Eine Frau – Mutter, Partnerin, Versorgerin – fährt eines Morgens nicht zur Arbeit, sondern in die Psychiatrie. Am Abend hat sie sich mit ihrem Partner gestritten, vielleicht ist etwas zerbrochen, jetzt muss sie den Tag beginnen, sie muss die Tochter anziehen, an alles denken, in der Wohnung und ihrem Leben aufräumen. Doch sie hat Angst: das Geld, die Deadline, die Beziehung, nichts ist unter Kontrolle, und vor allem ist da die Angst um ihren Stiefvater, der früher die Welt für sie geordnet und ihr einen Platz darin zugewiesen hat. In der Psychiatrie, denkt sie, wird jemand sein, der ihr sagt, wie ihr Problem heißt. Dort darf sie sich ausruhen.
Siegfried ist ein Roman über alte Ordnungen und neue Ansprüche, über Gewalt und das Schweigen darüber, über eine Generation, deren Eltern nach dem Krieg geboren wurden und deshalb glaubten, er sei vorbei.
Antonia Baum, geboren 1984, ist Schriftstellerin und Autorin für DIE ZEIT. Ihre Bücher – zuletzt der Roman Tony Soprano stirbt nicht, das Memoir Stillleben und eine persönliche Bestandsaufnamen des Werkes von Eminem – haben große Medienresonanz erhalten. Siegfried ist ihr erster Roman im Claassen-Verlag.
Foto Antonia Baum: © Urban Zintel.
Die Abendkasse öffnet um 19 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht nötig.
"Ich habe diese Frauen geliebt, gefürchtet, gehasst. Sie haben Fragen in mir geweckt über Familien, Töchter, Mütter und über mich selbst." (Lena Gorelik)
In einem prachtvollen Anwesen am See leben sie zusammen, die Frauen einer Familie, denen die Männer nach und nach abhandengekommen sind. Wie zahlreich die dunklen Flecken ihrer Geschichte sind, weiß nur eine von ihnen, die enigmatische Großmutter, die immer den Schein zu wahren wusste. Als Leni sich weigert, genau das zu tun, wird sie still und heimlich verstoßen. Zurück bleibt ihre Schwester, die nun allein gegen eine verhängnisvolle Tradition ankämpfen muss. Annika Reich erzählt von Schwestern, Müttern, Töchtern und Großmüttern, die der trügerischen Anziehungskraft weiblichen Verrats erliegen, auch wenn sie sich nichts mehr als gegenseitigen Beistand wünschen. Bis die Großmutter stirbt und die Geister der Vergangenheit sich nicht länger verstecken lassen.
Annika Reich, 1973 in München geboren, lebt in Berlin, ist Schriftstellerin und Künstlerische Leiterin des Aktionsbündnisses WIR MACHEN DAS und WEITER SCHREIBEN, des preisgekrönten Portals für Autor:innen aus Kriegs- und Krisengebieten. Sie ist Teil der Zeit-Online-Kolumne »10 nach 8«. Bei Hanser erschienen die Romane Durch den Wind (2010), 34 Meter über dem Meer (2012), Die Nächte auf ihrer Seite (2015) und ihre Kinderbücher Lotto macht, was sie will! (2016) und Lotto will was werden (2018).
Foto Annika Reich: Paula Winkler
Moderation: Maria-Christina Piwowarski
Die Abendkasse öffnet um 19 Uhr, eine Anmeldung ist nicht nötig.
Alle sechs bis acht Wochen stellen wir hier abends ein paar Stühle im Kreis auf und feiern mit euch das, weshalb wir diesen Beruf auch gewählt haben: den intensiven Austausch über Literatur.
Wir wollen unserem Lesen noch genauer auf den Grund gehen, wollen Bücher auf noch mehr prüfen als allein auf ihre Form und ihren Inhalt.
Im Austausch mit anderen hat eine Lektüre so viel mehr Seiten, als wir allein je entdecken könnten.
Der Eintritt ist frei. Wir freuen uns auch auf neue Teilnehmer*innen.
Beim 32. Lesekreis Ende Januar sprechen wir über:
Monique Roffey
übersetzt von Gesine Schröder
Die Meerjungfrau von Black Conch
Zwei Liebende. Zwei Welten. Ein unmögliches Glück. Mit beispielloser poetischer Leichtigkeit erzählt Monique Roffey aus weiblicher Sicht vom Mythos der Meerjungfrau. Sie erzählt vom Fremdsein in der Welt und vom Kampf einer Frau um Selbstbestimmung, sie erzählt von den uralten Narben der Kolonialgeschichte auf den karibischen Inseln und vom ungeheuren Wirbelsturm unserer Gefühle. April 1976: Vor einer karibischen Insel sitzt ein junger Mann allein in seinem Boot. Er wartet auf den nächsten Fang, doch stattdessen taucht neben ihm eine Meerjungfrau auf. Aycayia. Auf ihr lastet der Fluch eifersüchtiger Ehefrauen, seit Jahrhunderten schwimmt sie im karibischen Meer. Ihr Volk, die Taino, gibt es längst nicht mehr. Und auch sie selbst droht als spektakulärer Fang zu enden, als sie von amerikanischen Touristen entdeckt und an Land verschleppt wird. Im letzten Moment kann sie David, der junge Fischer, retten. Er versteckt sie in seinem Haus, während sie sich langsam und schmerzhaft wieder in eine Frau zurückverwandelt. Doch kann Aycayia hier bei ihm tatsächlich ihre innere Freiheit finden? Monique Roffey hat eine der ältesten Geschichten der Literatur in ein schillerndes Meisterwerk unserer Zeit verwandelt. Wie begegnen wir uns? Wo gehören wir hin? Und wie unsicher ist der Boden unserer Vergangenheit, auf dem wir uns bewegen?
Zwei Liebende. Zwei Welten. Ein unmögliches Glück. Mit beispielloser poetischer Leichtigkeit erzählt Monique Roffey aus weiblicher Sicht vom Mythos der Meerjungfrau. Sie erzählt vom Fremdsein in der Welt und vom Kampf einer Frau um Selbstbestimmung, sie erzählt von den uralten Narben der Kolonialgeschichte auf den karibischen Inseln und vom ungeheuren Wirbelsturm unserer Gefühle. April 1976: Vor einer karibischen Insel sitzt ein junger Mann allein in seinem Boot. Er wartet auf den nächsten Fang, doch stattdessen taucht neben ihm eine Meerjungfrau auf. Aycayia. Auf ihr lastet der Fluch eifersüchtiger Ehefrauen, seit Jahrhunderten schwimmt sie im karibischen Meer. Ihr Volk, die Taino, gibt es längst nicht mehr. Und auch sie selbst droht als spektakulärer Fang zu enden, als sie von amerikanischen Touristen entdeckt und an Land verschleppt wird. Im letzten Moment kann sie David, der junge Fischer, retten. Er versteckt sie in seinem Haus, während sie sich langsam und schmerzhaft wieder in eine Frau zurückverwandelt. Doch kann Aycayia hier bei ihm tatsächlich ihre innere Freiheit finden? Monique Roffey hat eine der ältesten Geschichten der Literatur in ein schillerndes Meisterwerk unserer Zeit verwandelt. Wie begegnen wir uns? Wo gehören wir hin? Und wie unsicher ist der Boden unserer Vergangenheit, auf dem wir uns bewegen?
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Rakel Haslund-Gjerrild
übersetzt von Andreas Donat
Adam im Paradies
Frederiksberg, 1913: Auf dem Höhepunkt seines Ruhms bereitet sich der 70-jährige Maler Kristian Zahrtmann darauf vor, sein Meisterwerk zu schaffen: Adam im Paradies. Ein sinnliches Glanzstück soll das Gemälde werden, überquellend vor Motiven, Farben und Symbolen, im Zentrum ein schöner nackter Mann. Während Zahrtmann das Atelier seiner Villa mithilfe exotischer Pflanzen in den Garten Eden verwandelt und den jungen Soldaten empfängt, der ihm als Aktmodell dient, gleiten seine Gedanken zurück in die Vergangenheit - zu rauschenden Zusammenkünften der Kopenhagener Décadence; nach Italien, wo er in Civita d'Antino eine Künstlerkolonie gründete; und nicht zuletzt zu seinem ehemaligen Schüler und Modell Hjalmar Sørensen, an dessen Anmut er sich durch den jungen »Adam« erinnert fühlt¿...
In ihrem Roman lässt Rakel Haslund-Gjerrild den dänischen Meistermaler als Ich-Erzähler auftreten. In neun Kapiteln - allesamt nach Werktiteln aus Zahrtmanns Oeuvre benannt - zeichnet die Autorin in einer betörenden, kontemplativ-sinnlichen Sprache ein Porträt des Künstlers, das sowohl seiner lächelnden Wehmut als auch seinem feinen Humor Ausdruck verleiht. Die Erzählung wird durchbrochen von historischen Dokumenten über die Sittlichkeitsprozesse der Jahre 1906/07, als in Dänemark Homosexuelle verfolgt und einige (darunter der Schriftsteller Herman Bang) aus dem Land vertrieben wurden - ein ebenso subtiler wie genialer Kunstgriff, um Zahrtmanns nie eingestandene Homosexualität zu spiegeln, der aber nie das Sprachkunstwerk in den Hintergrund drängt, das Signatur und emotionaler Motor des Romans ist.
Rakel Haslund-Gjerrild (*1988) hat im Jahr 2020 mit dem poetischen post-apokalyptischen Buch "Alle himlens fugle" ein vielbeachtetes Debüt als Romanautorin vorgelegt. Mit "Adam im Paradies" wendet sich die Dänin nun einem historischen und gleichzeitig hochaktuellen Stoff zu und beweist erneut, dass sie eine der talentiertesten und interessantesten Stimmen der neueren dänischen Literatur ist.
Alle sechs bis acht Wochen stellen wir hier abends ein paar Stühle im Kreis auf und feiern mit euch das, weshalb wir diesen Beruf auch gewählt haben: den intensiven Austausch über Literatur.
Wir wollen unserem Lesen noch genauer auf den Grund gehen, wollen Bücher auf noch mehr prüfen als allein auf ihre Form und ihren Inhalt.
Im Austausch mit anderen hat eine Lektüre so viel mehr Seiten, als wir allein je entdecken könnten.
Der Eintritt ist frei. Wir freuen uns auch auf neue Teilnehmer*innen.
Beim 31. Lesekreis Anfang Dezember sprechen wir über:
SCHÖNE MUTANTEN von Deborah Levy
übersetzt von Marion Hertle für den Aki Verlag
Deborah Levys kühnes Debüt erzählt von Außenseiterinnen, die rastlos und rasterlos leben und eben dadurch miteinander verbunden sind. In kurzen Passagen blickt Levy durch die Augen der schönen Mutanten auf die Welt.Sie erzählt von der russischen Exilantin Lapinski, ihrerseits eine Sammlerin von Geschichten, von der Poetin, die am Fließband tiefgefrorene Hamburger formt, vom Nachbarn, der Lapinski eine »schamlose Cunt« nennt, von der anorektischen Anarchistin und der pyromanischen Bankerin, die einst Gemma war, und von einem Lama.In Schöne Mutanten offenbart Deborah Levy eine Welt, deren Figuren aufbrechen und sich neu zusammen setzen, sich gegenseitig und ihre Leserinnen abstoßen und anziehen. Roh und bezaubernd und schön und vulgär. Eine provokative Prosa, die die Kerben, die Europa durchziehen, beschreibt und in den Bruchstellen Sonnenblumen pflanzt.Levy schreibt mit Scharfsinn und Witz und zieht das Groteske dem Naturalistischen stets vor. Vielleicht zeigt sich erst aus der Distanz die wahre Absurdität unserer Welt, in der zu leben offenbar bedeutet, Geld auszugeben.
DEBORAH LEVY glaubt nicht an Genregrenzen. Sie helfen ihr zwar, sich in Buchhandlungen zurechtzufinden, aber sie ist davon überzeugt, dass wirklich gute Bücher keine Schubladen brauchen. Und so ist auch ihr Schreiben ungeheuer vielschichtig, verbinden sich darin doch essayistische und lyrische Momente, autobiographisches und fiktionales Erzählen miteinander. Levy, geboren 1959, emigrierte mit ihrer Familie aus Südafrika nach Großbritannien, als sie neun Jahre alt war. Sie lebt und arbeitet heute in London. Ihre Romane Heim schwimmen (2011), Heiße Milch (2016) und Der Mann, der alles sah (2019) waren für den Man Booker Prize nominiert. Für ihr dreiteiliges autobiographisches Projekt wurde sie 2020 mit dem Prix Femina Étranger ausgezeichnet.
und wir sprechen über
HUND, WOLF, SCHAKAL von Behzad Karim Khani
erschenen bei Hanser Berlin
Behzad Karim Khanis Debüt über das Schicksal zweier Brüder verbindet die Härte der Straße mit der Melancholie iranischer Prosa. "Zehnmal besser als jedes ,4 Blocks'." (Ijoma Mangold)
Nach der Hinrichtung der Mutter im Tumult der Iranischen Revolution fliehen der elfjährige Saam und sein kleiner Bruder Nima mit ihrem Vater nach Deutschland. Doppelt fremd im arabisch dominierten Neukölln, fristet der Vater ein Leben zwischen Taxifahren, Backgammon und Scham, während Saam versucht, die Rolle des Familienoberhaupts auszufüllen. Mit allen Mitteln erkämpft er sich Respekt unter den brutalen Straßengangs, um seinen Bruder Nima zu beschützen. Bis er eines Tages zu weit geht.In seinem spektakulären Debüt schreibt Behzad Karim Khani über die komplizierten Schicksale von Revolutionären, Kleindealern und Messerstechern und entwickelt dabei einen ganz eigenen Sound, in dem sowohl die Melancholie iranischer Prosa als auch die Härte afroamerikanischen Raps anklingen.
BEHZAD KARIM KHANI wurde 1977 in Teheran geboren, seine Familie ging 1986 nach Deutschland. Er studierte Medienwissenschaften und lebt heute in Berlin-Kreuzberg, wo er schreibt und die Lugosi-Bar betreibt. Für sein Debüt Hund, Wolf, Schakal (2022) erhielt er den Debütpreis des Harbour Front Literaturfestivals.
Dinçer Güçyeter
Unser Deutschlandmärchen. Roman
Es moderiert Kaśka Bryla
Unser Deutschlandmärchen ist eine Familiengeschichte in vielen Stimmen. Frauen mehrerer Generationen und der in Almanya geborene Sohn erinnern sich in poetischen, oft mythischen, kräftigen Bildern und in Monologen, Dialogen, Träumen, Gebeten, Chören. Dinçer Güçyeter erzählt vom Schicksal türkischer Griechen, von archaischer Verwurzelung in anatolischem Leben und von der Herausforderung, als Gastarbeiterin und als deren Nachkomme in Deutschland ein neues Leben zu beginnen.
"Ich kenne und liebe Dinçers Lyrik. Dass er nun einen Roman geschrieben hat, ist eine sehr gute Nachricht."
Saša Stanišić
"Eine sehr eigenständige Stimme."
Insa Wilke
"dinço weiß nicht, was ein essay ist (das weiß niemand), aber er versteht es, aus schwarz-weiß-fotos farbfilme zu machen. den peter-huchel-preis für den ghetto-prinzen hat er mit pommes gefeiert und am nächsten tag einfach weiter malocht. poesie ist arbeit. dinço ist poesie-arbeiter."
lütfiye güzel
"Güçyeter ist ein umarmend handelnder Solitär ins ‚Gem:einsame‘ heutiger Dichter:innenwirklichkeiten, wo sich Sprachen und Kulturen poetisch begegnen und sein dürfen."
José F.A. Oliver
Dinçer Güçyeter, geboren 1979 in Nettetal ist ein deutscher Theatermacher, Lyriker, Herausgeber und Verleger. Güçyeter wuchs als Sohn eines Kneipiers und einer Angestellten auf. Er machte einen Realschulabschluss an einer Abendschule. Von 1996 bis 2000 absolvierte er eine Ausbildung als Werkzeugmechaniker. Zwischenzeitlich war er als Gastronom tätig. Im Jahr 2012 gründete Güçyeter den ELIF Verlag mit dem Programmschwerpunkt Lyrik. Seinen Verlag finanziert Güçyeter bis heute als Gabelstaplerfahrer in Teilzeit. 2017 erschien Aus Glut geschnitzt, und 2021 Mein Prinz, ich bin das Ghetto. 2022 wurde Güçyeter mit dem Peter-Huchel-Preis ausgezeichnet. Er ist Vater von zwei Kindern und lebt in Nettetal. Unser Deutschlandmärchen ist sein erster Roman.
Kaśka Bryla wurde in Wien geboren und ist zwischen Wien und Warschau aufgewachsen. Sie studierte Volkswirtschaft in Wien, Szenisches Schreiben an der UDK in Berlin und Literarisches Schreiben in Leipzig, wo sie 2015 das Autor*innennetzwerk und die Literaturzeitschrift PS – Politisch Schreiben mitbegründete, in deren Redaktion sie bis heute ist. Ebensolange gibt sie Kurse zu Kreativem Schreiben unter anderen in Gefängnissen, für geflüchtete Frauen und Menschen mit Migrationserfahrung. Während sie ihre Theaterarbeit in der freien Szene realisiert – so wurde erst 2021 ihr Stück Das verkommene Land an der Schaubühne Lindenfels in Leipzig vom Theaterkollektiv ongoing project inszeniert – veröffentlicht sie ihre Langprosa im österreichischen Residenz Verlag. 2020 erschien dort ihr Debütroman Roter Affe, der in Deutschland, Österreich und der Schweiz breit besprochen wurde. Im März 2022 erschien der zweite Roman Die Eistaucher. Kurzprosa von Kaśka Bryla wurde in diversen Anthologien und Literaturzeitschriften publiziert. Unter ihren Stipendien und Auszeichnungen finden sich der österreichische Exil-Preis, das österreichische Startstipendium und zuletzt das Wiener Literaturstipendium 2022.
Ein gemeinsamer Abend von ocelot und mikrotext.
Die Abendkasse öffnet um 19 Uhr.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Wir freuen uns auf euch!
Der Aki Verlag lädt ein zur Signierstunde mit der großartigen Deborah Levy.
Der Eintritt ist frei, Anmeldungen sind nicht nötig.
Wir freuen uns auf euch und haben alle Bücher von Deboarh Levy vorrätig.
DEBORAH LEVY glaubt nicht an Genregrenzen. Sie helfen ihr zwar, sich in Buchhandlungen zurechtzufinden, aber sie ist davon überzeugt, dass wirklich gute Bücher keine Schubladen brauchen. Und so ist auch ihr Schreiben ungeheuer vielschichtig, verbinden sich darin doch essayistische und lyrische Momente, autobiographisches und fiktionales Erzählen miteinander. Levy, geboren 1959, emigrierte mit ihrer Familie aus Südafrika nach Großbritannien, als sie neun Jahre alt war. Sie lebt und arbeitet heute in London. Ihre Romane Heim schwimmen (2011), Heiße Milch (2016) und Der Mann, der alles sah (2019) waren für den Man Booker Prize nominiert. Für ihr dreiteiliges autobiographisches Projekt wurde sie 2020 mit dem Prix Femina Étranger ausgezeichnet.
Foto Deborah Levy: © Benedikt Schnermann
Die dänische Autorin Rakel Haslund-Gjerrild stellt gemeinsam mit Übersetzer Andreas Donat ihren preisgekrönten Roman "Adam im Paradies" vor – eine im wörtlichen Sinne kunstvolle Reise durch die queere Gedankenwelt des dänischen Meistermalers Kristian Zahrtmann.
Moderiert wird der Abend von Tobias Schiller.
"Adam im Paradies" ist eine sprachgewaltige Ode an die Schönheit, die Sehnsucht und die Kunst, aber auch ein erschütterndes Manifest gegen Unrecht und Hetze im Zeichen der Homophobie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In dem Roman lässt Rakel Haslund-Gjerrild den dänischen Meistermaler Kristian Zahrtmann (1843-1917) als Ich-Erzähler auftreten. In neun Kapiteln – allesamt nach Werktiteln aus dessen Oeuvre benannt – zeichnet die Autorin ein literarisches Porträt des Künstlers und Menschen Zahrtmann und damit ein Sittenbild seiner Zeit. Es geht um rauschende Maskenbälle, konspirative Künstlertreffs und nicht zuletzt um die Entstehung des titelgebenden Gemäldes "Adam im Paradies" – für das Zahrtmann nicht nur sein Atelier in einen Urwald verwandelt, sondern auch einen schönen, jungen Soldaten zu sich zitiert, der ihm als Modell dient und ungestillte Sehnsüchte wachruft.
Die Erzählung wird durchbrochen von historischen Dokumenten über die Sittlichkeitsprozesse der Jahre 1906/07, im Rahmen derer in Dänemark Homosexuelle verfolgt und einige (darunter der berühmte Schriftsteller-Dandy Herman Bang) aus dem Land vertrieben wurden – ein ebenso subtiler wie genialer Kunstgriff, um Zahrtmanns nie eingestandene Homosexualität zu spiegeln.
Bei der Präsentation des Romans (der in diesem Jahr für den renommierten Literaturpreis des Nordischen Rates nominiert ist) werden Rakel Haslund-Gjerrild und Andreas Donat ausgewählte Passagen aus "Adam im Paradies" lesen und im Gespräch mit Tobias Schiller über die Entstehung des Projekts und dessen Übersetzung berichten.
Die Veranstaltung wird durch die großzügige Unterstützung des Kulturreferats der Königlich Dänischen Botschaft in Berlin ermöglicht.